Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

438 O. Handelssachen und gewerbliches Eigentum. 
dieser Staaten ihre Gültigkeit verloren, ferner daß die an Großbritannien, 
seine Zesitzungen und Kolonien bisher autonom gewährten Sollbegünsti- 
gungen zurückgezogen wurden. 
Hierdurch änderte sich nicht nur das Anwendungsgebiet, sondern auch 
der Inhalt des deutschen Dertragstarifs. Die Boden-= und Gewerbs- 
erzeugnisse aller feindlichen Staaten einschließlich ihrer sämtlichen Kolonien 
und auswärtigen Besitzungen waren von nun an unter Ausschluß von 
der Meistbegünstigung den Sätzen des allgemeinen deutschen Solltarifs zu 
unterwerfen. Außerdem aber hätte für eine Reile von Warengattungen, 
denen eine Sollermäßigung im Dertragstarif ausschließlich auf Grund 
eines fortgefallenen Sugeständnisses an einen der feindlichen Staaten ein- 
geräumt war, die höhere Derzollung auch dann eintreten müssen, wenn 
die Waren aus einem der Meistbegünstigung teilhaftig bleibenden Cande 
stammen. Kach beiden Richtungen khin hat sich die Sulassung von Aus- 
nakmen als notwendig erwiesen. 
Die Nichtanwendbarkeit des Dertragstarifs mag bei der Lahmlegung 
der Wareneinfuhr aus den feindlichen Ländern zunächst praktisch wenig 
bedeuten, soweit es sich um künftige Warenbezüge handelt. Wesentlich 
konnte sie dagegen werden für die Warenbestände, die bei Kriegsausbruch 
noch unverzollt in den deutschen Sollausschlußgebieten (insbesondere den 
Freihäfen), in den Freibezirken und in inländischen Sollagern vorhanden 
waren. HBätte man hier den Jgollrechtlichen Grundsatz, daß die Waren 
nach den am Tage ihres Ubertritts in den freien Derkehr des Sollgebiets 
geltenden Sätzen zu verzollen sind, ohne Ausnahme in Geltung belassen, 
so wären dadurch zum großen Teile nicht die ausländischen Cieferer ge- 
schädigt worden, sondern die inländischen ezieher, die die Waren für 
eigene Rechnung erworben und eingelagert hatten. Die hierin liegende 
Härte wäre um so unbilliger gewesen, je weniger die beteiligten inlän- 
dischen Gewerbetreibenden zur Seit der Bestellung und Einbringung dieser 
Warenbestände auf eine so plötzliche und einschneidende Anderung ihrer 
kaufmännischen Kalkulationsgrundlagen gefaßt sein konnten. Auf die hier- 
nach berechtigte Schonung des einheimischen Einfuhrhandels mußte ander- 
seits die Sulassung von Erleichterungen beschränkt werden. 
Eine noch größere Bedeutung war den inhaltlichen Anderungen des 
Dertragstarifs beizumessen, die mit dem Fortfalle der vertragsmäßigen 
Sonderzugeständnisse an Rußland und Belgien eine sehr beträchtliche Sahl 
der verschiedensten Warengattungen betroffen hätten. Neben einzelnen 
Genußmitteln wären dabei namentlich industrielle Erzeugnisse in Frage 
gekommen, die sich auf fast sämtliche Abschnitte des Solltarifs verteilen 
und von denen nicht wenige zu den wichtigeren Handelsartikeln gehören. 
Als wesentlichste Beispiele seien angeführt: einzelne chemische Erzeugnisse, 
Streichgarne, Ceinen- und Jutegarne, Treibriemen, Buntpapier, Tapeten, 
Steinmetzarbeiten, Tafelglas, verschiedene Sisenwaren, Textil. und Werkzeug- 
maschinen und Fahrzeuge. Alle diese Waren hätten auch bei Bezug aus 
meistbegünstigten Ländern höheren Sollsätzen unterworfen werden müssen, 
wobei nicht ausschließlich die Sätze des allgemeinen Tarifs, sondern zum 
Teile solche Mittelsätze anderer Tarifverträge anwendbar geworden wären, 
die durch weitergelhende Sonderzugeständnisse an Belgien bisher für die 
praktische Anwendung überholt waren. Hierdurch wären für zahlreiche 
Randels= und Industriezweige, die an die geltenden Dertragssätze seit
	        
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