42 A. Das Sonderrecht der Kriegsteilnehmer.
juristische Person, deren Vertretungsorgan am Kriege teilnimmt, entsprechend anzu-
wenden. Man denke an die zahlreichen GmbH., deren einziger Geschäftsführer
im Felde steht. Die Möglichkeit, nach § 29 BGB. für die Dauer der Be-
hinderung ein anderes Vertretungsorgan zu bestellen, schafft keine genügende
Abhilfe, weil vielfach nur das im Kriege befindliche Organ den Prozeß sachgemäß
führen kann.
x. Albrecht, Thür Bl. 61 253: Das Landgericht Meiningen hat die §§ 2, 3
Kech . auch auf juristische Personen angewandt.
X. Lux, JW. l 961: Wenn irgendwo, so ist bei der Auslegung der kriegs-
rechtlichen Bestimmungen die allergrößte Freiheit angebracht. Nicht der Wortlaut
des Gesetzes, der in kürzester Zeit ohne vorherige Erörterung im Reichstag und
in der Offentlichkeit zustande gekommen ist, darf maßgebend sein, sondern sein
ausgesprochener oder aus den Umständen zu entnehmender Zweck, die wirtschaftliche
und tatsächliche Sachlage. Von diesem „soziologischen“ Gesichtspunkt aus ist die
Anwendung des Gesetzes auf juristische Personen unbedenklich. Es handelt sich
ganz allgemein um den Schutz der infolge des Krieges an Wahr-
nehmung ihrer Rechte behinderten „Personen“, nicht bloß „natür-
lichen Personen.“ Do die juristische Person mit heerespflichtigem Organe infolge
des Krieges an Wahrnehmung ihrer Rechte behindert ist, so hat sie Anspruch auf
den Schutz des Gesetzes, falls nicht eben das Gegenteil im Gesetze unmittelbar
angeordnet ist. Ein innerer Grund für eine unterschiedliche Behandlung natür-
licher und juristischer Personen ist nicht vorhanden. Siehe auch den Bericht zu § 9.
Ebenso DR. 15 97.
u. Recht 14 704, Kol. 14 141 (Augsburg): Juristische Personen, deren
einziger gesetzlicher Vertreter kriegsbehindert ist, genießen die Wohltat des Gesetzes
jedenfalls dann nicht, wenn ein zur Führung des Rechtsstreits befugtes
Organ (Prokurist) noch vorhanden ist.
v. SeuffArch. 70 80 (Dresden): Zu dem Streit darüber, ob § 2, § 3 Abfl. 2
KiSch G. auch auf juristische Personen anwendbar sei oder nicht, braucht im
vorliegenden Falle nicht Stellung genommen zu werden, da das Oberlandes-
gericht nach der Lage des Falles die analoge Anwendbarkeit der Bestimmung im
8 247 3P. für gegeben erachtet, indem es davon ausgeht, daß der Zweck jenes
Gesetzes, Schutz der infolge des Krieges an Wahrnehmung ihrer Rechte be-
hinderten Prozeßparteien, eine möglichst freie Auslegung geboten erscheinen läßt.
Die Bestellung eines anderen Vertreters für die Klägerin würde im vorliegenden
Falle keine genügende Abhilfe schaffen können, weil der durch Kriegsdienst
behinderte Geschäftsführer einen zurückgeschobenen Eid über eine von ihm für
die Klägerin abgegebene Erklärung leisten soll, von deren Wahrheit sich ein etwa
neu zu bestellender andrer Vertreter nur durch Rücksprache mit dem abwesenden Ver-
treter würde überzeugen können. S. auch OLG. Dresden, SächsRRpflA.15 197 Nr. 12.
K. Recht 15 175 Nr. 351 (Bamberg I): Zur Aussetzung des Verfahrens in
einem Prozesse gegen eine Gmb. ist erforderlich, daß alle gesetzlichen Vertreter
durch den Krieg an der Vertretung gehindert sind.
o. Anscheinend auch RG., Leipz Z. 15 43 Nr.1, Recht 15 109 Nr. 248 (unten S.600).
b) Verneinend.
a. DIZ. 15 111, Recht 15 112 Nr. 274 (K. VI): Der Wortlaut der Be-
stimmung ergibt, daß sie nur für physische Personen gilt. Es fehlt aber auch an
einem inneren Grunde, sie auf juristische Personen auszudehnen. Durch das
Gesetz soll verhindert werden, daß Personen, die am Kriege teilnehmen, durch
die Fortsetzung anhängiger Prozesse wirtschaftlich geschädigt werden. Der Schutz
anderer, natürlicher oder juristischer Personen, die durch Kriegsteilnehmer ver-
treten werden, ist vom Gesetz nicht beabsichtigt.