Best. Ub. d. Übertrag. d. Durchschnittsbrandes d. Brennereien im Betriebsjahr 1914/15. 641
Begründang.
(D. 34.)
Infolge des Krieges bedurften die wirtschaftlichen Betriebsverhältnisse
der Branntweinbrennereien für das Betriebsjahr 1014/15 einer
durchgreifenden Neuregelung. Dabei ergab sich die Notwendigkeit, nicht
nur bei der Regelung des Durchschnittsbrandes und der Dergällungspflicht
wesentlich über die bei deren alljährlicher Weufestsetzung auf Grund des
Branntweinsteuergesetzes bisher eingehaltenen Grenzen binauszugeben,
sondern auch in einigen Hunkten Anordnungen zu treffen, die im geltenden
Branntweinsteuergesetze keine Unterlage fanden und deshalb auf Grund
des § 5 des f. g. Ermächtigungsgesetzes beschlossen werden mußten.
Ein gänzliches Derbot der Derwendung von Kartoffeln und Getreide
zur Branntweinbereitung, wie es von verschiedenen Seiten angeregt ist,
konnte nicht erlassen werden. Die Anregung wird meist damit begründet,
daß die gesamte deutsche Ernte für Mabrungs- und Futterzwecke unan.
getastet bleiben müsse. Die zur Alkoholerzeugung verwendeten Rohstoff.
mengen machen indessen nur einen kleinen Bruchteil der deutschen Ernte
aus. Bei den Kartoffeln waren es im Durchschnitt der letzten 5 Jahre
5½ v. EP., beim Getreide im Jahre 1015 sogar nur 2¼ v. H. der ge-
samten Ernte. Die durch ein völliges Brennverbot erzielte Dermehrung
der Mab#rungsmittelvorräte würde also verhältnismäßig nur gering sein.
Auf der anderen Seite würden aber dadurch außerordentlich schwere
Schädigungen für alle diejenigen eintreten, die mit der Erzeugung und
Weiterverarbeitung von Spiritus zu tun haben. Das trifft zunächst auf
die Landwirtschaft zu. Die Spiritusbrennerei dient in sehr vielen Fällen
dazu, Kartoffelmengen zu verwerten, welche auf andere Weise gar nicht
verwertet werden können, z. B. weil das Gut sich in ungünstiger Verkehrs-
lage befindet. Da die Derkehrsschwierigkeiten durch die Kriegszeit noch
erheblich gesteigert sind, würden gerade die am ungünstigsten gelegenen
Landgüter den größten Schaden haben. Der Brennprozeß liefert außerdem
in der Schlempe ein überaus wichtiges und für die Dolkswirtschaft un-
entbehrliches Futtermittel als Rebenprodukt. Außer den PSpritfabriken
würden durch ein gänzliches Brennverbot alle Spiritus verbrauchenden
Betriebe, wie z. B. die Gärungsessigindustrie, die Spirituslackindustrie, auf
das schwerste betroffen werden. Dazu kommt, daß der Spiritus in er-
heblichem Umfange zu KRoch- und Leuchtzwecken Derwendung findet und
gerade jetzt an Stelle von Benzin zum Betriebe von Motoren und Kraft-
wagen Derwendung sindet. Endlich ist zu berücksichtigen, daß ganz be-
sonders in Kriegszeiten die Derwendung von Alkokhol zu medizinischen
ISwecken unentbehrlich ist.
Wenn sonach ein gänzliches Derbot der Branntweinerzeugung aus
Kartoffeln und Getreide nicht angängig erschien, so war dochk eine weit-
gehende Kürzung des allgemeinen Durchschnittsbrandes gemäß § 60 des
Branntweinsteuergesetzes zulässig, weil bedeutende Branntweinbestände
vorhanden sind, und weil anderseits sicher damit zu rechnen ist, daß der
Derbrauch von Branntwein während des Krieges einen außergewöhnlich
großen Rückgang erfahren wird. Sie liegt überdies im zwingenden Be-
dürfnis, weil die Rücksichtnahme auf die Schonung der zur Dolksernährung
unentbehrlichen Dorräte an Kartoffeln gegenwärtig anderen Erwägungen
vorzugehen hat. Bei einer Kürzung des allgemeinen Durchschnittsbrandes
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