Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

664 E. Beschaffung u. Verwertung der Rohstoffe, Nahrungs= u. Futtermittel, Höchstpreise. 
Die Reichsfinanzverwaltung hat sich bereit erklärt, den Nommunalverbänden 
beim Erwerbe von Kartoffeln, der zur Dersorgung ihrer minderbemittelten 
Bevölkerung durch Dermittelung der Reichsstelle erfolgt, die Mehrkosten 
zu ersetzen, die durch diese Jondervergütung an die Landwirte entstehen. Dadurch 
werden die Nommunalverbände in den Stand gesetzt, Kartoffeln an die minder- 
bemittelte Bevölkerung zu erschwingbaren Dreisen abzugeben. 
Die Kommunalverbände haben nach der Derordnung, insoweit die zur Er- 
nährung der Bevölkerung erforderlichen Kartoffeln nicht innerhalb des Bezirkes 
vorhanden sind, den Lehlbetrag in erster Linie durch freihändigen Knkauf 3u 
decken oder zwangsweise sicherzustellen. Erst wenn sich dies als unmöglich er- 
wiesen hat, haben sie den Bedarf bei der Reichsstelle anzumelden. Die Reichsstelle 
prüft die Knmeldungen und überweist die erforderlichen Mengen den Bedarfs- 
verbänden aus den Überschußverbänden. Diese müssen dem Ersuchen der Reichs- 
stelle um bgabe von Kartoffeln an andere Derbände nachkommen und die 
bhierfür erforderlichen Nartoffelmengen freihändig aufkaufen oder, falls dies 
nicht möglich ist, zwangsweise sicherstellen. Soweit dies unbedingt nötig, 
können den Kommunalverbänden zum Jwecke des Kufkaufs der an andere 
Kommunalverbände abzugebenden Kartoffelmengen Dorschüsse aus Reichs- 
mitteln gewährt werden. 
Für die Sicherstellung gelten mit gewissen Kbänderungen die Dorschriften des 
Höchstpreisgesetzes vom 4. Kuqust 1914 in der Sassung der Bekanntmachung vom 
17. Dezember 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 516) unter Berücksichtigung der Ab- 
änderung durch die Bekanntmachung vom 21. Januar 1915 (Reichs-Gesetzbl. 
S. 25). Die Enteignungsvorschriften der neuen Derordnung lassen im Gegen- 
satze zu den Bestimmungen des höchstpreisgesetzes die Enteignung auch insoweit 
zu, als Höchstpreise nicht festgesetzt sind; die Enteignung von Kartoffeln ist daher 
nicht nur beim Droduzenten, sondern bei jedem Kartoffelbesitzer, also auch beim 
händler, zulässig. Bei der Sicherstellung dürfen die Gemeindeverbände nicht 
zurückgreifen auf Mengen, die im Eigentume des Reichs, eines Bundesstaats, 
Elsaß-Lothringen, eines Gemeindeverbandes oder der Trockenkartoffel-Derwer- 
tungsgesellschaft m. b. H. oder der zentraleinkaufs-Gesellschaft m. b. H. stehen. 
Um den handel bis zur Durchführung der Derteilung nicht auszuschalten, ist 
ferner bestimmt, daß bei der Sicherstellung nicht auf Kartoffelmengen zurück- 
gegriffen werden darf, die zur Erfüllung der vor dem Inkrafttreten der Be- 
kanntmachung abgeschlossenen Lieferungsverträge erforderlich sind; der Rückgriff 
ist aber zulässig, wenn die Reichsstelle es genehmigt oder verlangt. Die Reichs- 
stelle hat ferner das Recht, in bereits bestehende Lieferungsverträge als Erwerber 
einzutreten. Sie wird von diesem Rechte aber im wesentlichen nur in solchen 
Sällen Gebrauch machen, in denen die Gefahr spekulativer Jurückhaltung von 
Kartoffelvorräten besteht. Die Derordnung ermächtigt im übrigen die Kommunal= 
verbände, die Dersorgung der Bevölkerung in ähnlicher Weise zu regeln, wie ihnen 
dies in der Bekanntmachung über die Regelung des Derkehrs mit Brotgetreide 
und Mehl vom 25. Januar 1915 übertragen ist. 
III. Bekanntmachung über Reis. Vom 22. April 1915. 
(RGBl. 237.) 
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Er- 
mächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 
4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:
	        
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