690 E. Beschaffung u. Verwertung der Rohstosse, Nahrungs= u. Futtermittel, Höchstpreise.
Nr. 15). In der Regel wird ferner davon auszugehen sein, daß jede Bierbrauerei
das aus den ihr zur Verfügung stehenden Malzmengen gebraute Bier unter ihre
Abnehmer nach Verhältnis ihres Bedarfes zu verteilen berechtigt und verpflichtet
ist, wenn, wie z. B. nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 des Bayer. AG. zum BG.,
der Brauer dem Wirte innerhalb des Sudjahrs die jeweils verlangten Mengen
zu liefern hat oder wenn vor der Verkündung der V. vom 15. Februar 1915,
betr. Einschränkung des Malzverbrauchs in den Bierbrauereien, Verträge über die
Lieferung bestimmter Mengen von Bier abgeschlossen wurden (RG. 84 125 ff.).
Die Beschaffung größerer Mengen würde hier in der Regel nicht bloß auf solche
Schwierigkeiten stoßen, daß sie billigerweise niemandem zugemutet werden kann,
sondern sie würde häufig sogar tatsächlich völlig unmöglich sein (RE. 57 116 ff.;
Starke, Lieferungsvertröge unter Einwirkung des Krieges 14). Dabei ist in
Betracht zu ziehen, daß nicht ohne weiteres Bier aus einer anderen Brauerei
geliefert werden darf (Recht 13 Nr. 2034, 2055, 14 Nr. 588). Andrerseits
aber wird dem Gastwirte, dessen Bierbedarf von seinem bisherigen Lieferanten
nicht vollständig gedeckt werden kann, das Recht nicht versagt werden können, den
Rest seines Bedarfes von einer anderen Brauerei zu beziehen; jedoch darf er
selbstverständlich das letzterwähnte Bier nur unter der richtigen Bezeichnung
verkaufen. Die Bierbrauerei, welche wegen teilweiser Unmöglichkeit der Erfüllung
teilweise Befreiung von ihrer Lieferungsverbindlichkeit beansprucht, hat dem Ab-
nehmer rechtzeitig Kenntnis hiervon zu geben (Neukamp in LeipzZ. 14 1829
Nr. 4; Starke a. a. O. 30).
3. Die Einschränkung des Malzverbrauchs wird in der Regel die Folge haben,
daß sich der Herstellungspreis des Bieres verteuert, da ein sehr großer Teil der
Unkosten durch die Einschränkung des Betriebs gar nicht oder nur unwesentlich
vermindert wird. Es bestand ohnehin schon infolge der beispiellosen Steigerung
der Gersten= und Malzpreise ein Mißverhältnis zwischen diesen Preisen und den
Bierpreisen. Demnach werden sich die Vorgänge, welche sich anläßlich der Er-
höhung der Brausteuer bzw. des Malzaufschlags in den Jahren 1906, 1909
und 1910 abgespielt haben, wiederholen. Gleichwohl hat der Bundesrat eine
dem § 63 des Brausteuergesetzes bzw. Art. 75 des Bayer. Malzausschlaggesetzes
entsprechende Vorschrift nicht erlassen. Bei dieser Sachlage wird dann, wenn
ein Gastwirt sich verpflichtet hat, seinen Bierbedarf auf eine gewisse Zeit aus-
schließlich von einer bestimmten Brauerei zu beziehen und der Preis für das zu
liefernde Bier nicht festgesetzt, vielmehr im Sinne des Vertrags davon auszugehen
ist, daß der ortsübliche Preis der betreffenden Brauerei maßgebend sein soll, eine
der Steigerung der Herstellungskosten entsprechende Erhöhung des Bierpreises un-
bedenklich zuzulassen sein (IJW. 08 325 Nr. 6, Recht 08 Nr. 1492, Leipz3. 08
777; vgl. ferner Recht 07 Nr. 2509 (OLG. Hamburg). Das gleiche gilt für
den Fall, daß der ortsübliche oder der jeweilige oder der Tagespreis vereinbart
ist. Im Hinblick auf §§ 133, 157, 242 BGB., § 346 HGB. wird dies z. B.
auch dann anzunehmen sein, wenn im vorigen Jahre ein im Sommer 1915 zu
erfüllender Bierlieferungsvertrag zum bisherigen Preise abgeschlossen wurde. Für
den Fall, das ein ziffermäßig bestimmter Preis nicht vereinbart ist, wird von
Starke a. a. O. 18 in bezug auf die Wirkung der Preissteigerungen unterschieden,
ob die Beteiligten die Ware bereits besitzen, auf Lager haben oder erst anschaffen
müssen, und für den ersteren Fall angenommen, daß ein Grund bestehe, den
Lieferungsvertrag nicht zu erfüllen, da die Lieferung möglich sei und die Preis-
steigerung dem Abnehmer zugute komme. Im zweiten Falle sei dagegen zu
prüfen, in welchem Grade die Steigerung des Preises die Anschaffung der Ware
verteuert habe. Sei die Preiosteigerung derartig, daß durch sie der Einkauf der
Waren mit ungewöhnlichen Geldopfern verknüpft sei, so liege Lieferungsunmöglich-