Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bekanntmachung über Malz vom 17. Mai 1915. 691 
keit vor. Auf welche Ursache die Preissteigerung zurückgehe, komme nicht in Be- 
tracht. Denn für die Frage, ob die Schwierigkeit der Warenbeschaffung Erfüllungs- 
unmöglichkeit bewirke, komme es auf die Tatsache der Preissteigerung an sich an. 
Bei den Produzenten gelte das gleiche, wenn die Preisteuerung Rohstoffe oder 
Materialien betreffe, die für die Fabrikation unentbehrlich seien. Diese Grund- 
sätze werden auch hier maßgebend sein. 
4. Im übrigen kommt folgendes in Betracht. Es kann zwar zweifellos die 
clausula rebus sic stantibus, abgesehen von den besonderen Fällen der §§ 321 
und 610, nach dem BG. keine Geltung beanspruchen. Es schließt dies jedoch 
nach feststehender Rechtsprechung die Prüfung der Frage nicht aus, ob nicht im 
einzelnen Falle oder doch bei einer ganzen Gattung von Verträgen nach der 
Absicht der Parteien und nach der Natur der Verträge unter Beachtung dessen, 
was Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern, einer Ver- 
änderung der Verhältnisse dennoch Bedeutung beizumessen ist (RSGZ. 50 59, 
60 58, 59; JW. 05 168 Nr. 5, 08 711 Nr. 4, 14 296 Nr. 2). Die Ursachen 
der Preissteigerung usw. sind hier nicht vorübergehender Art; insbesondere gilt 
die V. vom 15. Februar 1915 bis auf weiteres. Nach § 10 bestimmt der 
Reichskanzler den Zeitpunkt ihres Außerkrafttretens. Durch die weitere V. des 
Bundesrats vom 9. März 1915 über die Regelung des Verkehrs mit Gerste 
sind mit dem Beginne des 12. März 1915 die im Reiche vorhandenen Vorräte 
an Gerste für das Reich beschlagnahmt (§ 1). An den beschlagnahmten Vorräten 
dürfen Veränderungen nicht vorgenommen werden, und rechtsgeschäftliche Ver- 
fügungen über sie sind nichtig; Ausnahmen sind nur für ganz bestimmte Fälle 
zugelassen (§ 3). Da der Reichskanzler auch den Zeitpunkt des Außerkrafttretens 
dieser Verordnung bestimmt (§ 36), kann bis auf weiteres im Deutschen Reiche 
Malz überhaupt nicht mehr hergestellt werden. Nachdem das Mälzereiverbot und 
die Beschlagnahme der Gerste in Osterreich-Ungarn vom 15. Februar 1915 sich 
auch auf diejenige Gerste erstreckt, welche zur Herstellung von Malz bestimmt war, 
für das die Ausfuhrbewilligung bereits erteilt ist, ist an eine Zufuhr aus diesem 
wichtigen Bezugsgebiete nicht zu denken. Die Veränderung der Verhälltnisse er- 
heischt daher hier eine entsprechende Berücksichtigung. 
5. Wenn zwischen einzelnen Brauereien oder Verbänden oder Vereinen von 
solchen Verträge behufs Durchführung einer Bierpreiserhöhung abgeschlossen 
werden, so wird mit dem Urteil des Reichsgerichts vom 6. Juli 1914 VI. 205/14 
(Leipz3. 15 298; Soergel, Rechtsprechung 14 § 826 Nr. 47) davon auszugehen 
sein, daß eine unangemessene Verteuerung nicht erfolgen soll, daß aber z. B. 
der mit einer etwaigen Sperre angestrebte Zweck, durchzuführen, daß das Bier 
nicht unter einem bestimmten Preise verkauft wird, jedenfalls so lange nicht als 
unsittlich im Sinne des § 826 BEGB. angesehen werden kann, als nicht unter 
dem Zwange der Sperre ein unangemessener Preis für das Bier festgesetzt wird 
6. Ein sittenwidriger Gebrauch darf dagegen von dem tatsächlichen Monopol 
nicht gemacht und eine zu weitgehende Verteuerung nicht unter dem Zwange einer 
Sperre durchgeführt werden. Die Preiserhöhung muß vielmehr angemessen sein 
(Recht 08 Nr. 1492; vgl. auch JW. 13 734 Nr. 2, Recht 13 Nr. 1596). 
2. Bekanntmachung über Malz. Vom I17. Mai 1915. 
(RGBl. 279). 
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Er- 
mächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 
4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen: 
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