Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

54 A. Das Sonderrecht der Kriegsteilnehmer. 
schon armierten oder erst in der Armierung begriffenen Festung gehören; nur sie 
können sich dienstlich aus Anlaß der Kriegführung des Deutschen Reiches im 
Auslande aufhalten; nur sie können sich als Kriegsgefangene oder Geiseln in 
der Gewalt der deutschen Feinde befinden. Alle diese Voraussetzungen verlangen 
also offenkundig physische, lebende Personen. Alle diese Verhältnisse können 
aber bei den einzelnen Teilhabern einer Gesamthandsgemeinschaft 
genau so gegeben sein. Auch der persönlich haftende Gesellschafter einer 
offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft kann zu den mobilen Teilen 
der Land- oder Seemacht gehören; auch das Mitglied einer Erbengemeinschaft 
kann sich als Kriegsgefangener in der Gewalt eines deutschen Feindes befinden. 
Wirken nun derartige Verhältnisse gegenüber der Gesamthandsgemeinschaft als 
solcher? Diese Frage ist schlechthin zu bejahen. Wenn die sämtlichen 
Mitglieder der Gesamthandsgemeinschaft sich in einem im § 2 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 
Kch G. näher bezeichneten Verhältnisse befinden, so kann kein begründeter 
Zweisel bestehen, daß die Gemeinschaft in der Wahrnehmung ihrer Rechte be- 
hindert ist. Desgleichen wird fast allgemein angenommen, daß eine Unter- 
brechung des Verfahrens eintritt oder eine Aussetzungsmöglichkeit gegeben ist, 
wenn die sämtlichen vertretungsberechtigten Mitglieder einer Gesamt- 
handsgemeinschaft sich in einem Verhältnisse der bezeichneten Art befinden. Die 
folgerichtigste, alle auftauchenden Zweifel in der einfachsten Weise lösende und 
auch dem praktischen Bedürfnis am meisten entsprechende Anschauung ist die, 
daß die Rechtswohltaten des KTSchG. den Gesamthandsgemeinschaften 
wie auch ihren einzelnen Teilhabern schon dann zugute kommen sollen, 
wenn auch nur ein einziges Mitglied Kriegsteilnehmer im Sinne des 
§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 KTSch G. ist, ohne Rücksicht darauf, ob dieses 
kriegsbehinderte Mitglied gerade vertretungsberechtigt ist oder nicht, und 
ob die übrigen Gemeinschafter weiterhin für sich allein vertretungsbefugt sind 
oder nicht. Es ist eben nie zu vergessen, daß diese Gesamthandsgemeinschaften 
— auch die offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften — keine 
juristischen Personen und ihre vertretungsberechtigten Mitglieder keine gesetzlichen 
Vertreter im technischen Sinne sind. Soweit eine Gemeinschaftsschuld ausgeklagt 
wird, bilden die sämtlichen Gemeinschafter untereinander eine notwendige 
Streitgenossenschaft. 
eEch. v. Harder, JW. 14 1046, 1135: Da die offene Handelsgesellschaft 
keine juristische Person ist, ist sie auch nur formell Prozeßpartei. Eine Über- 
spannung des Formalismus wäre es aber, wollte man so schließen: Die offene 
Handelsgesellschaft kann nicht Kriegsteilnehmer sein, sie kann also, auch wenn die 
Gesellschafter im Kriege sind, keine Unterbrechung geltend machen oder Aus- 
setzung verlangen. Man wird vielmehr sagen müssen: Da die Gesellschaft nur 
formell Partei ist, nicht sachlich, so kommen als Parteien die einzelnen Gesell- 
schafter in Betracht. Diese sind in Angelegenheiten der Gesellschaft notwendige 
Streitgenossen. Denn die für oder gegen die Gesellschaft erlassenen Urteile 
wirken für und gegen alle Gesellschafter. Wenn aber einer von mehreren not- 
wendigen Streitgenossen im Kriege ist und sich nicht im Prozesse vertreten läßt, 
kann Aussetzung oder Unterbrechung geltend gemacht werden. Das hindert nicht, 
daß auch bei Abwesenheit des einen der Prozeß von den anderen durchgeführt 
werden kann. 
wuo. Meyer, Gesetz u. Recht 16 194: Es kann keinem Zweifel unterliegen, 
daß bei Einberufung der sämtlichen Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft 
wegen der damit verknüpften Behinderung der Gesellschaft an der Wahrnehmung, 
ihrer Rechte auch der Gesellschaft als solcher der Schutz des Kriegsteilnehmer- 
gesetzes zugute kommt und das gegen sie anhängige Verfahren gemäß § 2 G.
	        
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