Kriegsteilnehmerschutzgesetz vom 4. August 1914. § 2. 55
für die Dauer des Krieges unterbrochen ist. Wie stellt sich nun aber die
Frage, wenn nicht alle, sondern nur einige oder nur die vertretungs-
berechtigten Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft in einem der in
5 2 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 KTSch G. näher bezeichneten Verhältnisse stehen? Güthe
(unten 8 00) vertritt die Ansicht, daß eine Unterbrechung des Verfahrens dann
nicht eintrete, wenn nur einer oder einige der vertretungsberechtigten Gesellschafter
zu den Kriegsteilnehmern gehörten, sofern nicht etwa den zurückbleibenden Ge-
sellschaftern die alleinige Vertretungsmacht entzogen sei. Dieser Ansicht hat
sich der 16. Zivilsenat des Kammergerichts in seinem Urteile vom 19. Oktober
1914 (unten ß5 88) angeschlossen. Dagegen nahmen die übrigen Senate des
Kammergerichts den Standpunkt ein, daß das Prozeßverfahren gegen eine
offene Handelsgesellschaft und deren Gesellschafter schon dann unterbrochen und
dem Aussetzungsantrag ihres Prozeßbevollmächtigten zu entsprechen sei, wenn sich
auch nur ein Gesellschafter vor dem Feinde befindet. Dieser Ansicht ist
beizutreten.
8) Verneinend.
au. Leipz 3. 15 238, Bay Rpfl 3. 15 78, Recht 15 37 Nr. 173, 109 Nr. 252
(Augsburg): Die Meinung, daß schon die Kriegsbehinderung eines nicht
schutzberechtigten der mehreren Gesellschafter die Gesellschaft schutzberechtigt mache,
weil die Möglichkeit, die entsprechenden Gesellschaftsbeschlüsse zu fassen und ins-
besondere sich hinsichtlich der Zuschiebung und Annahme von Eiden zu erklären,
beeinträchtigt und auf die bindende Wirkung des Urteils gegenüber den kriegs-
behinderten Mitgliedern hinzuweisen sei, geht fehl. Diese sämtlichen lediglich
Zweckmäßigkeitserwägungen eninommenen Gründe werden schon dadurch hinfällig,
daß sie mit den besonderen durch die Kriegsbehinderung eines
Gesellschafters begründeten Gefahren nichts zu tun haben, sondern ganz
allgemein auf jede andere gleich folgenschwere Verhinderung eines von mehreren
vertretungsberechtigten Gesellschaftern zutreffen. Gegenüber dem während eines
Rechtsstreits plötzlich auf den Tod erkrankten, mit der Lage der Sache allein ver-
trauten vertretungsberechtigten Gesellschafter befindet sich der Mitgesellschafter
genau in der gleichen Lage wie gegenüber dem plötzlich zum mobilen Heere ein-
berufenen. Gegenüber solchen keineswegs bei jedem Rechtsstreit eintretenden
besonderen Umständen ist nur das dem Gericht in §§ 227, 228 3. ver-
liehene Recht der Vertagung das allein zulässige Abhilfemittel. Handelt es sich
dagegen um die von der jeweiligen Lage des Rechtsstreits, überhaupt von der
Beschaffenheit des Prozeßstoffs völlig unabhängige, allein durch die Tatsache der
Kriegsbehinderung herbeigeführte Aufhebung der gesetzlichen Vertretung
einer wohl parteifähigen aber prozeßunfähigen Personengemeinschaft, wie der offenen
Handelsgesellschaft, dann ist für Zweckmäßigkeitserwägungen und hierauf ge-
stützte Beschlüsse kein Raum mehr, dann tritt die vom Gesetze für solche Fälle
vorgesehene Folge ipso jure ein, das Verfahren ist unterbrochen (§ 2) oder auf
Antrag auszusetzen (§ 3), gleichgültig, ob die Lage des Rechtstreits oder sonstige
Gründe die Unterbrechung oder Aussetzung notwendig oder überflüssig erscheinen
assen.
88. KEl. 14 141 (KG. XVI): Es tritt keine Unterbrechung des Prozeßver-
fahrens gegen die offene Handelgesellschaft ein, wenn noch ein nicht am Kriege
teilnehmender vertretungsberechtigter Gesellschafter vorhanden ist. Es soll nicht
verkannt werden, daß für den Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft,
gegen den das Verfahren unterbrochen wird, gewisse Härten daraus #ent-
stehen können, daß das Verfahren gegen die offene Handelsgesellschaft seinen
Fortgang nimmt. Denn in dem späteren Rechtsstreite sind ihm alle diejenigen
Einwendungen genommen, welche die Gesellschaft in dem früheren rechtskräftig