Preußische Ausführungsanweisung vom 23. Dezember 1914. 791
vorliegt. Befinden sich die Gegenstände in ihrem Bezirke, so prüft sie
fermer, ob die Umstände es rechtfertigen, das Verfahren gerade gegen
den im Antrage bezeichneten Besitzer einzuleiten; gegebenenfalls gibt
sie den Antrag an die nach Art. 3 zuständige Behörde zur Durchführung
des Verfahrens weiter. Liegt ein öffentliches Interesse für den Antrag
vor, befinden sich aber die Gegenstände nicht im Bezirke der Kommunal=
aufsichtsbehörde, so hat diese den Antrag der nach Art. 3 örtlich zustän-
digen Behörde vorzulegen. Diese prüft, ob die Umstände es recht-
fertigen, das Verfahren gerade gegen den im Antrage bezeichneten Be-
sitzer einzuleiten. Werden beide Fragen bejaht und gehören die Be-
hörden zu einem Regierungsbezirke, so wird das Verfahren durch-
geführt; gehören die Behörden verschiedenen Regierungsbezirken an,
so ist der Antrag den uagterzeichneten Ministern vorzulegen, welche
darüber entscheiden, ob das Verfahren einzuleiten ist. Wenn die Kom-
munalaufsichtsbehörde die von ihr zu prüfende Frage bejaht, die örtlich
zuständige Behörde aber die von ihr zu prüfende Frage verneint, so
entscheidet die nächsthöhere Behörde, innerhalb einer Provinz der Ober-
präsident, ob der Antrag der Zentralinstanz vorzulegen ist.
Artikel 5. (Zu § 2 Abs. 2 Satz 3 H Pr.)
Die Zentralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung und die
Kriegs-Getreide-Gesellschaft m. b. H. werden ermächtigt, an den Be-
sitzer der in Anspruch genommenen Gegenstände eine Aufforderung zu
erlassen, welche die in § 2 Abs. 2 Satz 2 H Pr. bestimmte Wirkung besitzt.
Artikel 6. (Zu § 2 Abs. 2 Satz 1, 2 H Pr.)
Die zuständige Behörde hat einen Antrag auf Übertragung des
Eigentums dem Besitzer der Gegenstände umgehend, nötigenfalls tele-
graphisch, mitzuteilen. Die Übermittelung erfolgt im Wege der ver-
einfachten Zustellung oder durch eingeschriebenen Brief, bei Tele-
grammen gegen Empfangsanzeige. Bei der Mitteilung ist der Besitzer
der Gegenstände aufzufordern, sie dem Antragsteller zu überlassen und
der Behörde binnen einer zu bestimmenden kurzen Frist mitzuteilen,
ob die Gegenstände dem Antragsteller freihändig verkauft worden sind.
Für den Fall, daß ein freihändiger Verkauf nicht zustande gekommen
ist oder eine Antwort des Besitzers nicht eingeht, ist ihm in Aussicht zu
stellen, daß die Anordnung auf Übertragung des Eigentums erfolgen
wird und daß vorbehaltlich der endgültigen Festsetzung des Übernahme-
preises eine Abschlagszahlung festgesetzt werden wird.
In der Mitteilung ist darauf hinzuweisen, daß gegen die Aufforde-
rung nur geltend gemacht werden kann, daß Landwirten die zur Fort-
führung ihrer Wirtschaft erforderlichen Vorräte zu belassen sind und daß
die Übertragung des Eigentums sich nicht auf Saatgetreide erstreckt,
das nachweislich aus landwirtschaftlichen Betrieben stammt, die sich in
den letzten zwei Jahren mit dem Verkaufe von Saatgetreide befaßt