800 F. Beschaffung u. Verteilung d. Arbeitskräfte. Arbeiterschutz. Kriegswohlfahrtspflege.
D. N. II 33: Eine neue Aufgabe ist der Reichszentrale durch die Heranziehung
der Kriegsgefangenen zu Arbeiten entstanden. Die Grundsätze, ob und unter
welchen Arbeitsbedingungen Kriegsgefangene in Privatbetrieben beschäftigt werden
können, sind auf Vorschlag der Reichszentrale zwischen den beteiligten Ressorts
festgestellt. Im übrigen sind die mit der Abgabe von Kriegsgefangenen ver-
knüpften Angelegenheiten, wie Unterbringung, Uberwachung usw., allein Sache
der militärischen Stellen. Vor Abgabe der Kriegsgefangenen zu Arbeiten stellt
danach die Reichszentrale fest, ob der Arbeiterbedarf, der durch Kriegsgefangene
gedeckt werden soll, sich durch deutsche Arbeiter befriedigen läßt. Nach einer
Vereinbarung mit der Heeresverwaltung macht diese die Abgabe der Kriegs-
gefangenen zu Arbeiten von der Erklärung der Reichszentrale abhängig, daß diese
nach der ihr bekannten Lage des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Abgabe
der Gefangenen hat. Zugleich gibt die Reichszentrale in solchen Fällen den von
dem Unternehmer als Entschädigung zu zahlenden Satz an. Handelt es sich um
Beschäftigung in ungelernter Arbeit, so ist der ortsübliche Tagelohnsatz für
ungelernte Arbeiter nach der Zusammenstellung der Ortslöhne gewöhnlicher Tage-
arbeiter in der Beilage zu Nummer 5 des Zentralblatts für das Deutsche Reich,
Jahrgang 1914 (S. 65) zu vergüten; bei landwirtschaftlichen Arbeiten tritt an
dessen Stelle der Jahresarbeitsverdienstsatz. Handelt es sich um Beschäftigung
in gelernter Arbeit, so ist ein Satz zu vergüten, der dem üblichen Lohne deutscher
Arbeiter dieses Berufs an diesem Orte, oder soweit ein Tarifvertrag besteht, dem
schriftlich festgelegten Lohnsatz entspricht. Ist der Lohn im einzelnen Falle nicht
festzustellen, so ist der um 50 vom Hundert erhöhte Tagelohnsatz zu zahlen. Für
die Stellung von Kriegsgefangenen für Hüttenwerke und den Bergbau sowie für
die Landwirtschaft bestehen Ausnahmen von der Regel, weil hier das Bedürfnis,
Kriegsgefangene zu verwenden, nach Lage des Arbeitsmarkts allgemein als
gegeben gilt, so daß eine Prüfung der Reichszentrale für den einzelnen Fall
unnötig ist.
II. Bekanntmachung über die Beschäftigung von Gefangenen mit
Außenarbeit. BVom 4. März 1915.
(RGBl. 130.)
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Er-
mächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom
4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung er-
lassen:
§ 1.
Während der Dauer des gegenwärtigen Krieges können die zu
Gefängnisstrase Verurteillen ohne ihre Zustimmung außerhalb der
Gefangenenanstalt beschäftigt werden.
§ 2.
Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Sie findet Anwendung auch auf Personen, die bereits vor ihrem
Inkrafttreten zu Gefängnisstrafe verurteilt sind.
Begründung.
(D. N. III 32.)
Um die zu Gefängnis verurteilten Hersonen in weiterem Umfang als
bisher zu Bestellungsarbeiten heranzuziehen, ist in der auf Grund des § 3 des