Kriegswohlfahrtspflege. 831
2. Für diejenigen Kandidaten der Medizin, die alle Zulassungsbedingungen
erfüllen, wurden Notprüfungen eingeführt, die alle Prüfungsfächer um-
fassen und in längstens zwei Tagen zu erledigen sind.
3. Die hiernach notapprobierten Kandidaten haben, soweit sie nicht heeres-
dienstpflichtig und fähig sind, die Verpflichtung zu übernehmen, daß sie
den Behörden zur Verwendung an solchen Orten zur Verfügung stehen,
in denen eine Verstärkung des ärztlichen Personals erforderlich erscheint.
Um die vorhandenen ärztlichen Kräfte ordnungsmäßig verteilen und dort
verwenden zu können, wo sich ein Mangel herausstellte, bedurfte es der Schaffung
von Sammel- oder Vermittelungsstellen. Solche Organe wurden in Ministerien
der Bundesstaaten und bei der Zentralstelle für das Rote Kreuz geschaffen.
Im übrigen stand für eine Vermittelung der Deutsche Arzte-Vereins Bund in
Leipzig bereit.
Wie eine im dritten Kriegsmonat veranlaßte Nachprüfung ergeben hat, ist
durch die getroffenen Maßnahmen der damit verfolgte Zweck erreicht worden.
Im Anschluß hieran wird in D. N. 11 96 ausgeführt: Der Bun-
desrat hat beschlossen, die Notprüfungen nicht fortzusetzen. Nur für solche Kandidaten,
die bereits mit Ablauf des Sommerhalbjahrs 1914 die Zulassungsbedingungen er-
füllt hatten, durch besondere aus der Kriegslage sich ergebende Umstände aber
an der rechtzeitigen Ablegung der Notprüfung verhindert worden waren, soll aus
Gründen der Billigkeit im Wege des Einzeldispenses die Ablegung einer Not-
prüfung auch weiterhin ermöglicht bleiben.
Was die ausreichende Bereitstellung von Arzten anbelangt, so lagen insofern
besondere Verhältnisse vor, als zwar die Heeres= und Marineverwaltung in der
Lage waren, den entstehenden Bedarf bis auf weiteres aus den im Reserve-,
Landwehr= oder Landsturmverhältnisse stehenden, noch nicht einberufenen Arzten
in ausreichender Weise zu decken, anderseits aber durch die militärischen Ein-
berufungen an einzelnen Stellen, insbesondere bei der Versorgung von wissen-
schaftlichen Instituten und Anstalten sowie bei der Seuchenbekämpfung, Lücken
entstanden, deren Ausfüllung möglicherweise in absehbarer Zeit auf Schwierig=
keiten stößt. Eine Abhilfe erschien daher hier geboten.
Da die Militärverwaltung bei ihrer zur Zeit ausreichenden Versorgung be-
reit war, den zur Prüfung reifen Kandidaten der Medizin für deren Ablegung
den erforderlichen Ausstand zu geben, kam eine Verkürzung der vorgeschriebenen
Ausbildungszeit nicht in Frage. Es genügte vielmehr, den Kandidaten Gelegen-
heit zu geben, durch Abkürzung der praktischen Prüfungen und durch den Fort-
fall der Pausen zwischen den einzelnen Abschnitten die Prüsung in kürzester Frist
zu erledigen; dabei war aber, um die Erfüllung des Zweckes zu sichern, die
Zulassung zu einer solchen abgekürzten Prüfung von der Bedingung abhängig
zu machen, daß der Kandidat nach deren Bestehen für die Dauer des Krieges
den Behörden zur Verfügung steht.
Die demgemäß vom Bundesrate beschlossene „Kriegsprüfung der Mediziner"
verlangt ein abgerundetes medizinisches Wissen und Können. Sie verpflichtet
den Kandidaten, sich innerhalb von zehn oder wenig mehr Tagen über das ganze
Gebiet der Medizin in allen Abschnitten auszuweisen. Die „Kriegsprüfung“
enthält auch noch insofern eine Erschwerung, als sie die Wiederholung eines
nicht bestandenen Abschnitts nicht kennt, sondern die ganze Prüfung dann als
nicht bestanden ansieht, wenn sie auch nur in einem Teile eines Abschnitts nicht
bestanden wurde. Das Bestehen der „Kriegsprüfung“ wird daher die Gewähr
bieten, daß der Kandidat die Kenntnisse nachgewiesen hat, die sonst nach der
Prüfungsordnung für Arzte vom 28. Mai 1901 von einem Prüfling gefordert