68 A. Das Sonderrecht der Kriegstellnehmer.
um zwei selbständige Ansprüche gegen verschiedene Personen handelt, auch selbständig
erhoben werden; daher liegt hier nur unechte Streitgenossenschaft vor.
5. Recht 15 229 Nr. 403 (Nürnberg II): Die Aussetzung des Verfahrens
gegen den im Felde stehenden Ehemann hat nicht ohne weiteres auch die Aus-
setzung gegen dessen mitbeklagte Ehefrau zur Folge, selbst wenn zwischen
beiden notwendige Streitgenossenschaft besteht.
e. Flatow, JW. 15 75: Haben Eheleute gemeinschaftlich gemietet, so handelt
es sich um Gesamtschuldner, aber nicht — wenigstens nicht nach der herrschenden
Ansicht (anderer Ansicht: Niendorff 442 § 61 und das dort zitierte Urteil
des LE. 1 Berlin) — um „notwendige Streitgenossen“. Daher bleibt die Klage
gegen die Frau auf Zahlung der Miete statthaft. Bei notwendiger Sreeit-
genossenschaft würde das Verfahren gegen beide Eheleute unterbrochen werden,
doch kann die Vollstreckung — mangels Titels gegen den Mann auf Duldung —
nur in das Vorbehaltsgut bei gesetzlichem Güterstand erfolgen, so daß die Kriegs-
teilnehmerfrau in der Praxis sehr geschützt ist.
DdS3. 15 215, Recht 15 111 Nr. 261 (Hamburg): Da die Ehegatten nicht
notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 3P0. sind und daher
der Umstand, daß gegen den Ehemann als Kriegsteilnehmer ausgesetzt ist, unbe-
achtlich für das Verfahren gegen die Frau ist, auch § 247 3PO. nicht in Betracht
kommt, so ist das Verfahren nur gegen den Ehemann auszusetzen.
b) Umfang der Schlüsselgewalt während des Krieges.
a. Gesetz u. Recht 16 89: Unter den zurzeit herrschenden Verhältnissen wird
man der Frau vielfach das Recht einräumen müssen, auf Grund der Schlüssel-
gewalt in erweitertem Umfange den Mann zu vertreten und die Ge-
schäfte des gesamten Hausstandes, überhaupt der ehelichen Gemeinschaft, zu besorgen.
8. Flatow, 3W. 15 75: Ob das Wohnungmieten zur Schlüsselgewalt
gehört, ist sehr zweifelhaft. Staudinger § 1357 A. 3 ac und Niendorff 46 verneinen
es, Mittelstein 84 ebenfalls, wenn auch nicht ganz so entschieden. Aber diese, dem
Familienleben in normalen Zeiten entnommenen Ansichten dürften gerade, wenn
man „von dem tatsächlichen Zuschnitte des Hauswesens und der damit zu-
sammenhängenden äußeren Lebensführung der Ehegatten"“ (RG. 61 80) ausgeht,
jetzt zu ändern sein. Dort, wo der Mann jetzt monatelang im Felde steht,
hat sich der häusliche Wirkungskreis der Frau erweitert. Wie die Frau bezüglich
ihres eingebrachten Gutes jetzt regelmäßig freier gestellt ist (§ 1401 BGB.), so
wird man auch ihre Selbständigkeit erweitern und sie als Vertreterin des Familien-
haupts in Angelegenheiten ansehen müssen, die sonst gewöhnlich nicht mehr zur
Schlüsselgewalt gerechnet werden können. Will man aber selbst den hier ver-
tretenen Standpunkt nicht anerkennen, so wird man jedenfalls den Begriff der
stillschweigenden Bevollmächtigung heranziehen können und müssen.
Demnach wird man in zahlreichen Fällen materiell die Kündigung an und durch die
Frau als zur Beendigung des Mietvertrags hinreichend ansehen müssen, auch wo
nicht schon vertraglich die Kündigung an einen Mitmieter ausreicht. Dies Er-
gebnis ist deshalb wichtig, weil die Ehefrau so die Auflösung des Vertrags
herbeiführen kann, z. B. wenn sie sich eine kleinere Wohnung nehmen will, ohne
selbst dem Räumungsanspruch ausgesetzt zu sein.
J. Ebenso Schmeißer, Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge
des BGB. 74.
c) Prozessuale Durchführung und Vollstreckung des Räumungs-
anspruchs gegen die Ehefrau allein.
a. AV. d. Pr ustiz Min. vom 26. September 1914, JIMl. 14 717: Zur
Herbeiführung eines einheitlichen Verfahrens bei der Vollstreckung von Räumungs-