866 F. Beschaffung u. Verteilung d. Arbeitskräfte. Arbeiterschutz. Kriegswohlfahrtspflege.
Willen des Gesetzgebers jedenfalls hat ausgeschlossen sein sollen. Mangels einer
einschränkenden Bestimmung wären auch die schuldlos geschiedenen Ehe-
frauen, welchen ein Unterhaltungsanspruch gegen ihren Ehemann nach § 1578
B. zusteht, von der Unterstützung ausgeschlossen. Die AussBest. des preuß.
Min. des Inn. vom 3. Februar 1915 Nr. 4 weisen jedoch zur Unterstützung
der letzteren an. Es kommt also darauf an, ob in dem rechtskräftigen Ehe-
scheidungsurteile der Ehemann allein für schuldig erklärt ist und ob die Frau
nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und aus dem Ertrag angemessener
Arbeit den Unterhalt bestreiten kann.
4. Liebrecht a. a. O. 13 zu § 2: Kinder aus der geschiedenen Ehe behalten
ihren Unterstützungoanspruch.
5. Der Kreid der zu unterstützenden Personen ist weiter ausgedehnt
worden auf:
a) Die Angehörigen aller in wehrpflichtigem Alter stehenden Mannschaften,
die infolge der kriegerischen Ereignisse nicht mehr in der Lage waren, in
die Heimat zurückzukehren, sei es, daß sie als Gefangene im feindlichen
Auslande zurückgehalten werden — sei es, daß sie sich im neutralen Aus-
lande aufhalten. Ein Unterschied zwischen Kriegs= und Zivilgefangenen
wird hierbei nicht gemacht.
b) Die Angehörigen der in wehrpflichtigem Alter vom Feinde verschleppten
Mannschaften. (Denkschr. N. 11 31 ff. Erl. Pr M. d. Innern vom 3. Februar 1915)
IV. Höhe der Unterstützungen (§ 1 Ziff. 4).
1. Erl. des Pr M. d. Innern vom 3. Februar 1915: Die Beträge stellen
lediglich eine untere Grenze dar, unter die nicht hinabgegangen werden darf,
und sind maßgebend für die Ersatzansprüche der Lieferungeverbände an das
Reich. Die Verpflichtung, in Fällen des Bedürfnisses das über diese Beträge
hinaus Erforderliche zu verabreichen, besteht daneben. Es muß also unter allen
Umständen jeder Familie oder sonstigen Anspruchsberechtigten, deren Bedürftigkeit
festgestellt ist, für die Dauer der Bedürftigkeit das zum angemessenen Lebens-
unterhalt Erforderliche gewährt werden.
2. Liebrecht a. a. O. 2 zu § 5: Die Lieferungsverbände können, soweit sie
Selbstverwaltungekörper sind, allgemein Zuschläge beschließen, und zwar in der
Weise, daß diese entweder ohne Berücksichtigung des Maßes der Bedürftigkeit im
Einzelfalle zur Auffüllung der Mindestsätze dienen. Die Stadt Berlin hat durch
Gemeindebeschluß vom 6. August 1914 einen Zuschlag von 100 v. H. ohne Staffe-
lung beschlossen.
3. Liebrecht a. a. O. 3 zu §5: Die Unterstützungen sind Beiträge zum Unterhalt.
Wiewohl es an einer ausdrücklichen Bestimmung fehlt und § 850 3P. sie nicht
unter den unpfändbaren Forderungen erwähnt, so wird man daher nicht fehl-
gehen, sie den Alimentationsforderungen (Nr. 1 § 850 3P0O.) gleichzustellen.
Dem Zugriff der Privatgläubiger sind sie sonach entzogen; ihre Pfändung kann
im Wege der Beschwerde gegen die Zulässigkeit der Zwangovollstreckung nach
8 766 ZPO. bei dem Vollstreckungsgericht angefochten werden. Die Unpfändbar-
keit bedingt auch die Unzulässigkeit der Aufrechnung nach § 394 BGB. Wegen
Ansprüche auf Steuern und Abgaben kann der verpflichtete Lieferungsverband
daher die Unterstützungen nicht vorenthalten (vgl. Entschl. des Bay Min des Innern
vom 22. August 1914 Nr. 3; vom 31. Oktober 1914 Nr. 6; Erlaß des Württ Min.
des Innern vom 13. November 1914 Nr. 9). Ist die Gemeinde nicht selbst
Lieferungsverband, sondern nur Zahlstelle in ihm, so würde sich die Aufrechnung
schon nach § 305 BGB. verbieten.