Bek., betr. die Uberwachung ausländischer Unternehmungen, vom 4. September 1914. 869
Einleitung.
D. 82: Die Feinde Deutschlands, insbesondere England und Frankreich,
haben in zunehmendem Maße den Kampf auch auf das Gebiet der rein wirt-
schaftlichen und privatrechtlichen Verhältnisse hinübergespielt und hierbei Mittel
zur Anwendung gebracht, die von allem, was bisher unter kriegführenden Nationen
üblich war, abweichen. Diese Staaten sind dazu übergegangen, den Krieg nicht
allein gegen das Deutsche Reich und seine Streitkräfte, sondern sogar gegen
Rechte und Eigentum der deutschen Privatpersonen zu führen. Man will durch
rücksichtsloses Vorgehen gegenüber allen dem feindlichen Ausland erreichbaren
deutschen Vermögenswerten Deutschland wirtschaftlich so schwer wie möglich schädigen.
Ausgehend von dem alten britischen Verbote des „Handels mit dem Feinde“
haben zunächst England und alsdann auch andere feindliche Staaten die in
ihrem Gebiet gelegenen deutschen gewerblichen Niederlassungen, insbesondere die
dortigen deutschen Banken, unter Staatsaufsicht gestellt, deren praktische Hand-
habung bis zur völligen Schließung und Liquidation dieser Unternehmungen ging.
England und Frankreich haben ferner jeden geschäftlichen Verkehr mit Deutschland
verboten, insbesondere jede Lieferung oder Zahlung an Deutschland unter hohe
Strafen gestellt. Frankreich hat diese Bestimmungen in erheblichem Maße ver-
schärft und nicht nur alle seit dem Kriegsausbruch abgeschlossenen Verträge mit
Deutschen für nichtig erklärt, sondern auch für frühere Verträge eine gerichtliche
Nichtigkeitserklärung zugelassen. Endlich hat Frankreich neuerdings sogar deutsches
Privateigentum mit Beschlag belegt und unter eine Zwangsverwaltung gestellt,
die vielfach zu einer überstürzten und verlustreichen Liquidation führt.
Diesen Vorgängen gegenüber durfte Deutschland sich nicht ruhig zusehend
verhalten; es mußte versucht werden, durch Vergeltungsmaßnahmen dem Feinde
die Rückwirkung seiner eigenen Politik fühlbar zu machen und gleichzeitig zu
verhindern, daß deutscherseits weiter noch Werte nach dem feindlichen Ausland
fließen, und das feindliche Ausland noch Forderungen in Deutschland eintreibt,
während der deutsche Geschäftsmann aus dem feindlichen Ausland keine Zahlungen
mehr zu erwarten hat. Dabei haben sich die verbündeten Regierungen von dem
Grundsatz leiten lassen, daß Vergeltungsmaßregeln nicht eher zu treffen sind, als
bis die zu vergeltende Maßnahme der feindlichen Regierung einwandfrei fest-
gestellt ist, daß sie auch nicht über den Rahmen dieser Maßnahme hinausgehen
dürfen, und daß offenbar nutzlose und kurzsichtige Maßnahmen nicht nachgeahmt
werden. Auf der anderen Seite war zu berücksichtigen, daß eine wirksame Ver-
geltung schon zur Abwehr weiterer schwerer Schädigungen der deutschen Volks-
wirtschaft erforderlich war.
I. Uberwachung ausländischer Unternehmungen.
1. Bekanntmachung, betreffend die Uberwachung ausländischer
Unternehmungen. Vom 4. September 1914.
(NGl. 397.)
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Er-
mächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom
4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung er-
lassen:
§ 1.
Die Landeszentralbehörden können unter Zustimmung des Reichs-
kanzlers im Wege der Vergeltung für solche innerhalb ihres Gebiets