Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Kriegsteilnehmerschutzgesetz vom 4. August 1914. 89 2. 73 
Räumungsurteil von dem Vermieter gegen den Ehemann erwirkt worden sein, 
so könnte die Ehefrau auf Grund dieses TLitels aus der Wohnung entfernt 
werden.... Die völlige Räumung gemieteter Räume kann der Gerichtsvollzieher 
gesetzmäßig aber nur dann durchsetzen, wenn gegen sämtliche Besitzer der Wohnung 
oder von Teilen der Wohnung ein Vollstreckungstitel vorliegt. Der allgemeine 
Grundsatz der Zwangsvollstreckung (§§ 808, 809 3PO.), daß der Gerichtsvoll- 
zieher in den unmittelbaren Besitz (den Gewahrsam der ZPO.) eines im Voll- 
streckungstitel nicht verurteilten Dritten nur mit dessen Zustimmung eindringen 
darf, gilt auch für die Räumung (zu vgl. § 886 Z#PO.). Also ist auch für die 
Zwangsvollstreckung die Frage, ob die Ehegatten als Mitbesitzer der Wohnung 
zu betrachten sind, ausschlaggebend. 
. Gumbinner, D38. 14 1203: Es ist klar, daß das Urteil gegen die 
Frau ein Schlag ins Wasser ist. Denn da gegen den Mann kein vollstreckbarer 
Titel vorliegt, so können weder seine Sachen, noch, wenn er Kinder hat, diese 
aus der Wohnung entfernt werden. Soll nun die Frau allein mit ihren Kleidern 
auf die Straße gesetzt werden, und wenn dies geschieht, was ist damit erreicht? 
Der Wirt kann ja die Wohnung, die der Ehemann noch nicht hat räumen 
müssen, doch nicht wieder vermieten. Aber abgesehen davon ist die Frau nach 
§ 1356 BEB. nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, das Hauswesen zu leiten, 
und darf daher auch aus diesem Grunde so lange nicht aus dem gemeinsamen 
Haushalt entfernt werden, als der Ehemann darin zu verweilen berechtigt ist. 
Ich glaube daher, daß, solange der Krieg dauert, Räumungsklagen auch 
gegen die Ehefrau der zu den Fahnen einberufenen Personen unzulässig sind. 
9. Hachenburg, DJ3. 14 1270: Vielfach sind die Mietverträge, nament- 
lich bei den kleinen Wohnungen, von der Ehefrau mitunterschrieben. 
Gegen die im Felde stehenden Mieter wird eine Klage auf Zahlung und 
Näumung nicht gegeben. Der Ehefrau kommt dies nicht zugute. Sie ist mit 
ihren Kindern in der Wohnung. Also wird gegen sie die Vollstreckung verlangt. 
Die Gerichtsvollzieher sollen nun aber diesen Antrag ablehnen (oben a). Dem 
Vermieter bleibt es überlassen, die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts herbei- 
zuführen. Man wird mit dieser Methode wohl nicht durchkommen. Der Gerichtsvoll- 
zieher verweigert die Zwangsvollstreckung ohne Prüfung der Sachlage. Es gibt aber 
auch Hauseigentümer, denen man nicht zumuten kann, während des ganzen 
Krieges die Familien jener unentgeltlich wohnen zu lassen. Hier muß die Hilfe 
der Gesamtheit eintreten. 
t. Schwabe, Recht 14 707: Die Begründung Güthes (oben P) geht fehl: 
Dem Vermieter kann irgendeine Pflicht der Frau, in der Wohnung zu verbleiben, 
doch nicht entgegengesetzt werden, wenn diese Pflicht sich nicht zu irgendeiner gesetz- 
lichen oder vertraglichen Bindung des Vermieters gestaltet hat. Das familien- 
rechtliche Verhältnis der Frau zum Manne, das ihre Pflicht zum Verbleiben in 
der Mietwohnung — dem Manne gegenüber — begründet, ist ebenso ein pri- 
vates Rechtsverhältnis wie das Mietverhältnis; geht die Frau Verpflichtungen 
ein, die einander zuwiderlaufen, so hat sie, nicht der aus diesen Verpflichtungen 
Berechtigte den Schaden zu tragen! Man kann anders helfen: Haben Mann 
und Frau gemietet, so ist die Frau im Besitze der Mietwohnung nicht nur auf 
Grund des von ihr selbst, sondern auch auf Grund des von ihrem Manne ge- 
schlossenen Mietvertrags. Ohne daß der Mann, der seine Familie eben auch 
mit in die von ihm gemietete Wohnung gebracht hat, verurteilt wird, gibt es 
gar keine Räumung. Folglich liegt notwendige Streitgenossenschaft 
vor. Ferner aber: Wenn die Frau die Wohnung (allein oder neben ihrem 
Manne) mietet, so entstehen ihr Rechte. Diese vor oder während der Ehe er- 
worbenen Rechte aber werden eingebrachtes Gut. Eine Zwangsvollstreckung
	        
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