892 G. Bergeltungsmaßregeln.
Interesse daran, sich alsbald von der Schuld zu befreien, so kann er zu diesem
Zwecke den geschuldeten Betrag bei der Reichsbank hinterlegen.
Es war zu berücksichtigen, daß eine große Zahl deutscher Geschäftsleute es
bereits seit dem Ausbruch des Krieges und insbesondere seit dem Bekanntwerden
des englischen Zahlungsverbots abgelehnt hat, noch nach England zu zahlen.
Auch diese bereits eingetretene Zahlungsverweigerung ist nachträglich gebilligt
worden; etwaige an sich bereits eingetretene Verzugsfolgen sind wieder aufge-
hoben. Eine weitere Bestimmung, welche besagt, daß die Stundung auch gegen-
über dem Erwerber der Forderung wirkt, soll verhindern, daß Inländer Forde-
rungen aus England erwerben und gegen die deutschen Schuldner einziehen. Es
muß daher vor dem Erwerbe von Forderungen, deren Gläubiger in England
wohnen, auf das dringendste gewarnt werden. Sie können gegen den Schuldner
während des Krieges nicht geltend gemacht werden. Dem Erwerber ist gleich-
gestellt, wer eine Forderung an einen Engländer bezahlt und hierdurch auf Grund
eines bestehenden Rechtsverhältnisses einen Erstattungsanspruch gegen den Schuldner
erwirbt; auch er kann diesen Erstattungsanspruch während des Krieges gegen den
Schuldner nicht geltend machen.
Besonderer Klarstellung bedurfte die Frage, wie es mit hiesigen Nieder=
lassungen von solchen Unternehmungen gehalten werden soll, die in England
ihren Wohnsitz haben. Nach dem Zwecke des Vorgehens kann es sich nur darum
handeln, Zahlungen nach England oder dessen Kolonien und Besitzungen zu
verhindern und Forderungen von Personen oder Unternehmungen, die in diesen
Gebieten ihr Geschäft treiben, zu stunden. Nach England soll weder mittelbar
noch unmittelbar geleistet werden. An hiesige Niederlassungen englischer Unter-
nehmungen, mögen sie in englischen oder deutschen Händen sein, soll auch weiter-
hin gezahlt werden und gezahlt werden müssen, vorausgesetzt, daß die Forderungen
in dem inländischen Betriebe dieser Unternehmungen entstanden sind. Gas-
rechnungen z. B. sollen an die deutschen Niederlassungen englischer Unternehmungen
wie im Frieden gezahlt werden. Dies ist im Grunde selbstverständlich, solange
man diejenigen, die unter uns wohnen, und gewerblich tätig sind, auch weiterhin
bei uns wohnen und wirtschaften lassen will. Auch England hat sein Zahlungs-
verbot nur in diesem territorialen Sinne erlassen. Es kommt darauf an, daß
das Geld nicht nach England gehen darf. Die Abführung der eingenommenen
Gelder nach dem Mutterland ist natürlich den hiesigen englischen Filialen ver-
boten. Man hat sie in der Hauptsache bisher durch Bestellung einer Über-
wachung nach der Verordnung vom 4. September 1914 zu verhindern gewußt.
Scharf zu trennen von den erwähnten Fällen sind diejenigen, bei denen es
sich um eine Agententätigkeit im Auftrage von Gläubigern in Eng-
land handelt. Die Forderungen, die solche Personen einzuziehen versuchen, sind
nicht im Betriebe hiesiger Niederlassungen entstanden. Sie fallen daher unter
das Verbot, d. h. es darf nicht an den Agenten des englischen Gläubigers ge-
zahlt werden, weil dies eine mittelbare Zahlung nach England bedeuten würde,
und der Agent selbst darf sein Geld nicht nach England abführen.
Eine besondere Vorschrift ist mit Rücksicht auf die überseeischen Geschäfte
deutscher Kaufleute getroffen. Infolge der kriegerischen Ereignisse, z. B. infolge
der Beschlagnahme von Waren, der Schließung deutscher Geschäftsfilialen im
Ausland, ist es leicht möglich, daß Wechsel, die auf ausländische Kunden oder
sonst auf das Ausland gezogen sind, gegenwärtig nicht zur Einlösung gelangen.
In solchen Fällen sollen auch die in Deutschland befindlichen Niederlassungen
englischer Gesellschaften bis auf weiteres nicht berechtigt sein, wegen der Nicht-
einlösung der Wechsel Rückgriffsansprüche wechselrechtlicher oder zivilrechtlicher
Art in Deutschland geltend zu machen.