Kriegsteilnehmerschutzgesetz vom 4. August 1914. 82. 75
die Vollstreckung eines derartigen Urteils ist möglich. Die kürzlich erlassene
Ministerialverfügung an die Gerichtsvollzieher, wonach ein Räumungsurteil gegen
die verurteilte Ehefrau nicht vollzogen werden dürse, wenn der Ehemann
nicht mitverurteilt sei (oben a), ist an und für sich schon nicht unbedenklich. Immer-
hin läßt sich hier die Meinung hören, die Ehefrau könne aus der Wohnung nicht
herausgesetzt werden, weil sie sich nicht nur für sich als Beklagte und zur
Räumung Verurteilte in der Wohnung befinde, sondern auch als Ehefrau, also
auf Grund des Rechtes des nicht zur Räumung mitverurteilten Ehemanns. Hier
liegt aber die Sache anders, denn diese Erwägung schlägt dann nicht durch,
wenn die Ehefrau gar nicht auf Grund des Mietvertrags zur Räumung verurteilt
worden ist, sondern auf Grund des Eigentums des Vermieters.
v. Bovensiepen, DR8. 14 777: Juristisch höchst interessant und praktisch
von der größten Bedeutung ist die Frage, ob dann, wenn die beiden Eheleute
gemeinsam einen Mietvertrag abgeschlossen haben und nun der Mann im
Felde steht, der Vermieter die Räumung der Wohnung im Falle der nicht
pünktlichen Zahlung des Mietzinses von der Frau allein verlangen kann. Es
liegt auf der Hand, daß die Bejahung dieser Frage geradezu ein wirtschaftliches
Massenunglück der schlimmsten Art bedeuten und herbeiführen würde. Aus-
geschlossen wäre es in diesen in der Praxis leider sehr zahlreichen Fällen nicht,
daß die Frau auf Zahlung und Räumung oder Räumung allein verklagt und
auch die Zwangsvollstreckung eingeleitet würde. Aber Frau und Kinder wohnen
beim Abschluß eines gemeinschaftlichen Mietvertrags nicht nur aus eigenem
Rechte, sondern auch aus dem des Mannes. „Erxmission von Frau und Kindern
wäre Exmission des Mannes und ist daher unzulässig“ (Kipp; s. unten o). Denn
eine Exmission des zu den Kriegsteilnehmern gehörigen Mannes ist ja gänzlich
unstatthaft, da es zufolge der Unterbrechung des Verfahrens zu einem Räumungs-
urteile gegen ihn nicht kommen darf.
C. Asch, JW. 14 854: Gleichgültig, ob der Mietzins vor oder nach
Kriegsausbruch bezahlt oder nicht bezahlt ist, gleichgültig, ob das Miet-
verhältnis infolge Nichtzahlung oder infolge des Fristablaufs der Mietdauer
beendigt ist, gleichgültig auch, ob der Vermieter die Aussicht hat, jemals zu
seinem Gelde zu kommen, ist der Hauseigentümer genötigt, sofern der Kriegs-
teilnehmer nicht freiwillig räumt, ihn in dem Mietbesitze zu lassen. Nicht ganz
so einfach erscheint die Rechtslage gegenüber den Hausangehörigen, der Frau
und den Kindern des Kriegsteilnehmers. § 556 Abs. 3 BEGB. bestimmt zwar, daß
der Vermieter die Sachen nach der Beendigung des Mietverhältnisses auch von
dem Dritten zurückfordern kann, dem der Mieter den Gebrauch der Sachen über-
lassen hat. Als ein solcher „Dritter“ sind aber die Ehefrau und die Kinder des
Mieters wohl sicherlich nicht anzusehen. In gleicher Weise muß auch die etwa
auf das Eigentum gestützte Vindikationsklage gegen die Frauen und die Kinder
aus dem Mangel der Passivlegitimation versagen. Durch den Kriegsdienst des
Familienoberhaupts allein hat sich an den Besitzverhältnissen der Familienange-
hörigen an den Mieträumen nichts geändert. Sie sind lediglich Besitzdiener,
nicht aber Besitzer im Sinne der §§ 985, 986 B#B. Etwas anders ist die
Sachlage, wenn die Ehefrau den Mietvertrag mitunterzeichnet hat; dann ist
sie Gesamtschuldnerin für die Verpflichtung zur Rückübergabe der Mieträume
in Gemäßheit der §§ 556, 557 BGB. Die Räumungsklage gegen die Ehefrau
setzt aber natürlich voraus, daß das Mietverhältnis beendigt ist, und es darf
nicht übersehen werden, daß die Kündigung an die Ehefrau allein, gemäß
§ 556 BEB., den Mietvertrag nicht zum Erlöschen bringt. Sofern nicht etwa
der Mietvertrag etwas anderes bestimmt, muß eine entsprechende Willens-
erklärung des Vermieters auch dem Kriegsteilnehmer selbst vor Erlaß des