Eisenbahnwertehr. 935
mehr genügend zur Verfügung, so daß offene Wagen verwendet werden müssen.
Um für die danach zu treffenden Anordnungen der Eisenbahnverwaltungen eine
entsprechende rechtliche Grundlage zu schaffen, war eine vorübergehende Anderung
der Bestimmungen der Eisenbahn-Verkehrsordnung (Rel. 09 93 ff.) notwendig,
wie dies beim Bestehen außergewöhnlicher Verhältnisse zugelassen ist. Demgemäß
hat das Reichseisenbahnamt auf Grund des § 2 Abs. 4 Eisenb Verk O. unter dem
10. August 1914 folgendes verfügt:
Mit Rücksicht auf die jetzige militärische Inanspruchnahme der Eisen-
bahnen werden für den zugelassenen Privatverkehr bis auf weiteres sämt-
liche Lieferfristen der Eisenbahn-Verkehrsordnung außer Kraft gesetzt.
Ebenso wird die Vorschrift im § 6 Abs. 5 über die Veröffentlichung der
Tarife insoweit außer Kraft gesetzt, als es sich um die Vorschriften der
Tarise über Lieferfristen und Gestellung offener oder bedeckter Wagen
handelt (Bekanntmachung, betreffend vorübergehende Anderaung der Eisen-
bahn-Verkehrsordnung (Rl. 09 93 ff.), vom 10. August 1914 —
RGl. 368).
Da die Durchführung einzelner für das deutsche Wirtschaftsleben wichtiger
Tarifmaßnahmen es im gegebenen Falle notwendig machen kann, von den Vor-
schriften über die Veröffentlichung der Tarife vorübergehend abzuweichen, so sind
durch eine weitere Bekanntmachung des Reichseisenbahnamts vom 24. Oktober
1914 die Vorschriften im § 6 Eisenb Verk O. vorübergehend dahin ergänzt worden, daß
in Betreff der Veröffentlichung der Eisenbahntarife die Landesaufsichtsbehörden mit
Zustimmung des Reichseisenbahnamts Ausnahmen in Einzelfällen zulassen können
(Bekanntmachung, betreffend vorübergehende Anderung der Eisenbahn-Verkehrs-
ordnung (Rl. 09 93 ff.), vom 24. Oktober 1914 — Rl. 455).
2. Aus Anlaß des Krieges sind auf den deutschen Eisenbahnen wichtige
Frachtermäßigungen und Frachtbefreiungen eingeführt (D. 42, D. N. 16 ff.,
D. N. II 21 ff.).
An anderen Verkehrserleichterungen sind auf den deutschen Eisenbahnen
durchgeführt worden:
1. die frachtfreie Beförderung von Liebesgaben, die zur Linderung des Not-
standes in Ostpreußen und Elsaß-Lothringen an Behörden, gemeinnützige
öffentliche Ausschüsse und Sammelstellen zur unentgeltlichen Verteilung
abgegeben werden, ebenso von Lebensmitteln, Kleidern, Decken, Betten und
Hausgeräten, wenn sie von Behörden oder den vorgenannten Stellen aus
staatlichen oder aus freiwillig gespendeten Geldern beschafft und bezogen
werden;
2. der Erlaß des Lager= oder Wagenstandgeldes sowie der Ladegebühren für
die infolge der Mobilmachung unterwegs angehaltenen Güter.
Im Anschluß hieran wird noch als weitere Verkehrserleichterung, die auf den
deutschen Eisenbahnen auf dem Gebiete des Güterverkehrs durchgeführt ist,
erwähnt: die frachtfreie Beförderung aller Sendungen für die freiwillige
Krankenpflege:
3. Auf dem Gebiete des Personenverkehrs fallen insbesondere ins
Gewicht:
1. Gewährung des halben Fahrpreises II./IV. Kl. (in Schnellzügen voller
tarifmäßiger Zuschlag) zum Zwecke des Besuches kranker oder verwundeter
deutscher Krieger, die sich innerhalb Deutschlands oder Osterreich-Ungarns
in ärztlicher Behandlung befinden, bei Reisen von über 50 km Strecken-
länge. Die Ermäßigung wird nur an Angehörige (Eltern, Kinder, Ge-
schwister, Ehefrauen, Verlobte) gewährt. (Die Ausdehnung der Ver-
