Kriegsteilnehmerschutzgesetz vom 4. August 1914. 8 2. 79
§§ 224, 225 ZPO. verlängert werden. Es heißt im § 224 Abs. 2: „Auf An-
trag können richterliche Fristen verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaub-
haft gemacht sind.“ Der strenge Formaljurist wird vielleicht den Einwand er-
heben, es sei in diesen Vorschriften an keiner Stelle von einer Aussetzung des
Verfahrens die Rede. Eine derartige ausdrückliche und förmliche Aussetzung wäre
jedoch in Anbetracht des § 356 ZPO. nicht einmal nötig, denn das Gericht könnte
einfach zur Herbeischaffung des Zeugenbeweises wegen der Einberufung und der
behindernden kriegerischen Ereignisse die Frist in Anwendung des § 224 3PO. so
bemessen, daß die Fristsetzung in ihrem Ergebnisse der Aussetzung des Verfahrens
vollkommen gleich käme.
b) Bergmann, D8. 15 187: Für Zeugen im Felde ist der § 356 8 PO.
die gegebene Bestimmung. Warum das Gesetz den Kriegsfall nicht mit im Ange
gehabt haben soll, ist nicht einzusehen. Es ist herrschende Ansicht, daß die An-
wendbarkeit des § 356 3PO. unabhängig davon ist, ob ein Verschulden der Partei
vorliegt oder nicht. Daß die Fristbestimmung eine Farce ist, weil sowohl Ge-
richt als Parteien genau wüßten, daß die Frist meist ungenützt verstreichen
werde, kann nicht zugegeben werden, ebensowenig, daß die Fristbestimmung in
den meisten Fällen der Ausschließung des Beweismittels gleichkomme. Es kommt
nur darauf an, nicht zu kurze Fristen zu bestimmen. Eine mehrmonatige Frist
wird man wohl kaum als Farce bezeichnen können. Uberdies kann, wenn die
bewilligte Frist nicht ausreicht, ihre Verlängerung nach den §§ 224, 225 3.
erfolgen. Es wird in einem solchen Falle wohl kein Richter Bedenken tragen,
die im § 224 3P. geforderten erheblichen Gründe als glaubhaft gemacht an-
zusehen, wenn tatsächlich sich der Zeuge noch im Felde befindet. Es wird des-
halb Anträgen aus § 356 ZPO. stets zu entsprechen sein, wenn sich ein Zeuge
im Felde befindet. Ein rechtliches Bedenken, diese Bestimmung anzuwenden,
liegt nicht vor. Praktisch läuft ein solches Verfahren ja schließlich meist auf das-
selbe hinaus, wie eine Aussetzung bis zum Ende des Krieges. Formell ist aber,
da weder die Bestimmungen der 3PO. noch die des Gesetzes vom 4. August 1914
über die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens anwendbar sind, die An-
wendung des § 356 3P0. der einzig gangbare Weg.
Tc) Kracht, DR3. 14 893, 15 264: In zahlreichen Prozessen berufen sich
gegenwärtig Parteien auf Zeugen, die vor dem Feinde stehen und deren Ver-
nehmung zurzeit nicht bewirkt werden kann. Die Bestimmungen über die Unter-
brechung der Aussetzung des Verfahrens kommen nicht in Frage, da dieser Fall
im Gesetze nicht vorgesehen und eine analoge Anwendung unstatthaft ist. Denn
da die Unterbrechung und Aussetzung zur Versagung des rechtlichen Gehörs,
also zur Durchbrechung eines obersten Rechtsgrundsatzes führen, verbietet sich die
ausdehnende Auslegung des Gesetzes in dieser Hinsicht. Abgesehen von dem Tat-
bestande des § 374 ZPO., der in den seltensten Fällen vorliegen wird, ist aber
das Gericht nicht berechtigt, Zeugenbeweis zurückzuweisen, weil die Beweiserhebung
den Prozeß unverhältnismäßig verzögern würde. Die Partei hat ein Recht, mit
ihrer Verteidigung gehört zu werden und, damit diese Waffe nicht stumpf bleibe,
auch ein Recht auf Erhebung der angetretenen Beweise, soweit sie erheblich sind.
Nur eine Einschränkung kennt die 3PO. in dieser Beziehung, das ist der § 356
3#O. Es fehlt nicht an Richtern, die diesen Paragraphen auch in unserem
Falle zur Anwendung bringen. Zu Unrecht! Zpweifellos hat das Gesetz den
Kriegsfall nicht im Auge gehabt, sondern rechnet nur mit einer in friedlichen
Zeiten verhältnismäßig seltenen Erscheinung. Die strenge Durchführung des
5 356 3P. würde gegenwärtig ja auch zu ungeheuren Härten führen. Daß,
wenn ein Zeuge im Felde steht, viele Prozesse eine unliebsame Verzögerung erleiden
werden, wird nicht zu vermeiden sein. Als Abhilfemittel hiergegen regt ein Bericht