Full text: Kriegsbuch. Zweiter Band. (2)

184 C. Handelssachen und gewerbliches Eigentum. 
weilen dem Verkehre vorzuenthalten. Es liegt im allgemeinen Interesse 
das Enteignungsverfahren gegebenenfalls rücksichtslos angewendet wird. wenn 
Die Bekanntmachung über Vorratserhebungen vom 2. Februar 1915 (RGB 
S. 54) bietet die Möglichkeit, Aufschluß darüber zu gewinnen, ob ein im V 
kehr auftretender Mangel an Gegenständen des täglichen Bedarfs durch ga- 
spekulative Zurückhaltung verursacht ist. q eine 
Bei der Beurteilung der Frage, ob Gegenstände des täglichen Bedarfs üb 
Gebühr zurückgehalten worden sind, wird häufig die Person des Eigentümers d er 
Bedeutung sein. Sind die Gegenstände von dem Eigentümer in Ausübung 1 
Berufs zum Zwecke der Veräußerung erzeugt oder erworben, so werden die Vor- 
aussetzungen für die Enteignung insoweit nicht gegeben sein, als die Vorräte 
die Mengen nicht übersteigen, die im regelmäßigen Wirtschafts= und Geschäftse- 
betriebe zur allmählichen Versorgung des Marktes erforderlich sind und erst nac 
und nach abgegeben zu werden pflegen. Diese Gesichtspunkte kommen im allge= 
meinen nicht in Betracht, wenn sich die Gegenstände, namentlich in größeren 
Mengen, in der Hand von Personen befinden, die sich vor Ausbruch des Krieges 
nicht mit ihrem Betriebe befaßt haben. 
Der Zurückhaltung der Gegenstände ist es gleich zu achten, wenn sie den 
Verbrauchern und dem Handel nur zum Scheine oder zu übermäßigen, die 
Möglichkeit von Ankäufen beeinträchtigenden Preisen oder unter Bedingungen 
angeboten werden, die das Angebot nicht als ernst gemeint erkennen lassen. 
4. Der mit der Verordnung verfolgte Zweck verlangt, daß die zu enteig- 
nenden Gegenstände so bald wie möglich dem Verbrauche zugeführt werden. In 
der Regel werden daher die Gemeinden, ortsansässige Händler oder Konsum- 
vereine, die bereit sind, den Absatz der Gegenstände zu bewirken, als Erwerber 
in Frage kommen. Ihnen ist die Verpflichtung aufzuerlegen, die Gegenstände 
unverzüglich zu einem von der enteignenden Behörde zu bestimmenden oder zu 
genehmigenden Preise an das Publikum abzugeben. 
5. Zur Einleitung des Verfahrens der Ubertragung des Eigentums ist ein 
Antrag nicht erforderlich. 
Die örtlichen Verwaltungsbehörden haben, sobald ihnen ein Fall bekannt 
wird, in dem die gesetzlichen Voraussetzungen für die Enteignung gegeben sind, 
unverzüglich, nötigenfalls telegraphisch, die höhere Verwaltungsbehörde (Ziff. 1,2) 
zu benachrichtigen und dabei möglichst eine Person zu bezeichnen, die bereit 
ist, die zu enteignenden Gegenstände zum Verkaufe zu übernehmen. 
6. Vor dem Erlaß der Anordnung, durch die das Eigentum übertragen 
wird, ist der Besitzer der Gegenstände zu hören, falls ihm nicht bereits bei den 
Erhebungen über die Zulässigkeit der Enteignung Gelegenheit zur Außerung ge- 
geben ist. 
7. Die Anordnung, durch die das Eigentum übertragen wird, ist umgehend, 
nötigenfalls telegraphisch, dem Besitzer und dem neuen Eigentümer mitzuteilen. 
Die Ubermittelung erfolgt im Wege der vereinfachten Zustellung oder durch ein- 
geschriebenen Brief, bei Telegrammen gegen Empfangsanzeige. 
Der Besitzer der Gegenstände haftet bis zur übernahme durch den Erwerber 
für ihre ordnungsmäßige Aufbewahrung; besondere Unkosten, die dem Besitzer 
durch die Verwahrung nachweislich erwachsen, können bei der Feststellung des 
Ubernahmepreises berücksichtigt werden. . 
8. Der übernahmepreis ist, falls nicht etwa ein niedrigerer Höchstpreis 
besteht, in der Regel in Höhe des Einkaufspreises, bei selbsterzeugten Gegen- 
ständen in Höhe der Herstellungskosten festzusetzen. Sind die Gegenstände zu 
diesem Preise nicht verwertbar, so ist der übernahmepreis entsprechend niedriger 
zu bemessen. Dies gilt nach § 2 Abs. 4 der Verordnung nicht für die nach 
dem 23. Juli 1915 aus dem Ausland eingeführten Gegenstände. Übersteigt der
	        
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