Full text: Kriegsbuch. Zweiter Band. (2)

212 D. Finanzgesetze. 
lation“, mit der vielfach unberechtigterweise die gewerbliche Geländeerschließung o 
weiteres gleichgestellt wird, kann ganz gewiß mancherlei tun und erreichen, aber sie e 
nicht die Preise des Bodens willkürlich nach ihrem Interesse gestalten. Vorübergesen 
können zwar übertriebene Preisforderungen der „Spekulation“ eine praktische Bedeuem 
gewinnen insofern, als sich Käufer finden, die aus Leichtsinn oder Unerfahrenheit d 
geforderten Preise anzulegen bereit sind und bei der Einschätzung zur Steuer na den 
gemeinen Werte von den Steuerorganen solche Preise, obwohl sie den wirklichen Wert 
überschreiten, als maßgebend angenommen werden. Von einem dauernden Einfluf 
der „Spekulation“ auf die Bodenpreise und auf die ihnen zugrunde liegenden Bodenwers 
kann aber nicht gesprochen werden. Die Wünsche der „Spekulation“ sind nur einer unter 
den verschiedenen Faktoren, welche die Bodenpreise beeinflussen. Auch die Bodenpreise 
unterliegen der Einwirkung der allgemeinen volkswirtschaftlichen, steuerlichen und recht. 
lichen Verhältnisse, und Stärke und Dringlichkeit des Angebots an und der Nachfrage 
nach Wohnboden lassen sich im regelmäßigen Grundstücksverkehr schlechterdings nicht 
bei der Bodenpreisbewegung ausschalten. 
In manchen Kreisen besteht zwar die Auffassung, daß der Wohnboden Monopol- 
Eigenschaft habe. Das ist aber nur unter ganz besonderen Voraussetzungen möglich, bei- 
spielsweise, wenn die Ausdehnung einer Stadt durch natürliche Hindernisse oder durch 
die Einschnürung infolge der Befestigung usw. im wesentlichen trotz starken und wachsenden 
Wohnungsbedarfs unterbunden und wenn gleichzeitig der Boden in der Hand weniger 
Eigentümer ist und die Eigentümer sich zu einem geschlossenen Vorgehen behufs Ausschaltung 
des Wettbewerbes zusammengetan haben. In der weitaus größten Mehrzahl der Fälle 
besteht ein solcher Zusammenschluß nicht. 
Damit entfällt auch die Grundlage für die Vorstellung, als ob das angebliche Wohn- 
boden-Monopol benutzt werde, um durch künstliche Aussperrung von Bauland den Preis 
zu erhöhen. Solches Verhalten ist am ehesten bei denen möglich, die als uUrbesitzer von 
langer Hand her den Boden im Eigentum haben, also keine hohen Ankaufspreise zu ver- 
zinsen und keine kostspieligen Aufschließungsarbeiten zu leisten haben. 
Die Grundlage des normalerweise im Einzelfall erreichbaren Bodenwerts ist beim 
Wohnboden wie überall der voraussichtlich aus dem Boden zu erzielende Ertrag. Je höher 
dieser zu erwartende Ertrag ist, desto höher kann der Bodenwert steigen. Der Ertrag 
und seine Steigerung ist immer das Entscheidende, und der Bodenwert und der 
auf Grund des Bodenwerts zu erzielende Preis ist erst die Wirkung davon. Wie weit 
der Preis sich der natürlichen Grenze des Bodenwerts tatsächlich anpaßt, wird durch das 
Verhältnis der Stärke und Dringlichkeit von Nachfrage und Angebot wesentlich beeinflußt. 
Hierbei ist nicht zu übersehen, daß innerhalb der Städte oft die gewerbliche Nutzung 
der Grundstücke deren Ertragsfähigkeit in entscheidender Weise beeinflußt. 
Nach dem Statistischen Jahrbuch deutscher Städte ist in 86 deutschen Städten von 
1871 bis 1908 die bebaute Fläche um 196,7 v. H., dagegn die Einwohnerzahl um 219,4 v. P. 
gestiegen. Die Bevölkerung ist also schneller gewachsen als die bebaute Fläche. Daraus 
erklärt sich ohne weiteres, daß der Wert des Wohnbodens und infolgedessen auch sein 
Preis gegen damals im allgemeinen erheblich angezogen hat. In Berlin ist die Bevölkerung 
von 1868 bis 1911 um 189,42 v. H. gewachsen, der berechnete Wert des bebauten Boden 
um 197, 87 v. H., also noch etwas schneller, wenngleich es in der Reihe der einzelnen Jahre 
nicht an Beispielen dafür fehlt, daß der Wohnbodenwert einen geringeren prozentualen 
Zuwachs aufweist als die Bevölkerungsziffer. 
Unzweifelhaft verteuernd wirkt, nach vielfachen Erfahrungen, der Wettbewert 
der Stadtverwaltungen auf dem Bodenmarkt. Vielfach haben die Städte in überau- 
großem Maße und weit über den Bedarf für ihre unmittelbaren Zwecke hinaus neuer 
dings Boden angekauft. Sie sind also in starkem Maße auf dem Grundstücksmarkt al 
Käufer aufgetreten und haben dadurch die Nachfrage nach Boden verstärkt und zugleio 
durch die Erwerbung großer Bodenstücke das Bodenangebot verkleinert, alles Umstände 
die normalerweise preissteigernd wirken müssen. Es fehlt auch nicht an Beispielen dafur
	        
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