446 G. Vergeltungsmaßregeln.
bereits zahlreiche Rechte, insbesondere Hatente, von Deutschen zugunsten von Engländer
außer Nraft gesetzt worden sind, haben sich in letzter Seit Rußland und Frankreio,
diesem Vorgehen angeschlossen. In Rußland sind deutsche Hatente, soweit sie mit
tärisch wichtige Erfindungen betreffen oder soweit ihr Fortbestand zum Rutzen russisch 9
Lizenzträger erforderlich ist, für Staatseigentum erklärt, im überigen aber ihrer Wirkun
entkleidet worden. Ein französisches Gesetz vom 27. Mai lol läßt für erfindungen,
die Deutschen patentiert sind, die Zenutzung durch den Staat oder durch Hrivatper-
sonen zu. Die Erteilung neuer Schutzrechte an Deutsche ist in allen Ländern bis auf
weiteres eingestellt. Während es bisher nicht erforderlich und nicht nützlich erschien
die englischen Gesetze und ihre praktische Anwendung mit entsprechenden Schritten
zum Nachteil englischer Besitzer deutscher Schutzrechte zu beantworten, hat es nunmehr
der Zundesrat aus politischen und nationalen Gründen für geboten. erachtet, dem
von unseren Feinden geschlossen geführten wirtschaftlichen Kampfe gegen verbürate
Hrivatrechte der Deutschen durch gesetzliche Dergeltungsmaßnahmen zu begegnen.
Die auf Grund des § 5 des sog. Ermächtigungs G. ergangene Bekanntmachn ng
vom 1. Juli 1015 (Re#Bl. 414) ermächtigt den Reichskanzler, Hatentrechte, Gebrauchs-
musterrechte und Warenzeichenrechte, soweit sie Angehörigen Englands, Frankreichs
und Rußlands zustehen, im öffentlichen Interesse durch Anordnungen, die im einzelnen
Falle getroffen werden sollen, zu beschränken oder ganz aufzuheben. Das äöffentliche
Interesse ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen. ARicht nur Bedürfnisse der Lundes-
verteidigung, sondern auch solche der deutschen Industrie oder einzelner Gewerbezweige
und Rücksichten der Dersorgung des deutschen Marktes mit notwendigen Gegenständen
und ähnliches mehr kommen in Betracht. Ein Anspruch desjenigen, in dessen Recht
eingegriffen wird, auf Entschädigung besteht nicht. Der Eingriff selbst kann je nach
Lage des Falles verschieden gestaltet werden. Hauptsächlich wird es sich um Erteilung
von Lizenzen handeln, wobei demjenigen, zu dessen Gunsten die Anordnung ergeht,
genaue Auflagen über Maß und Dauer, über die Ubertragbarkeit seiner Befugnis und
über die Böhe der etwa zu entrichtenden Abgabe vorzuschreiben sein werden. Er er-
langt in keinem Falle ein unwiderrufliches Recht auf die Zefreiung von dem fremden
Ausschlußrechte, die Anordnung kann jederzeit geändert und auch zurückgenommen
werden, wenn es die veränderten Umstände oder das eigene Derhalten des Begünstigten
gebieten. Insbesondere haben die Beteiligten von vornherein damit zu rechnen, daß
nach der Beendigung des Krieges die einzelnen ihrer Wirkung entkleideten feindlichen
Rechte möglicherweise wieder hergestellt werden. Weiter ist vorgesehen, daß für die
feindlichen Ausländer keine Schutzrechte mehr erteilt und eingetragen werden, und
daß ihnen gegenüber das Hatentamt von der Derpflichtung, ihre Rechte wahrzunehmen
und Amtshandlungen vorzunehmen, befreit ist. Russischen Staatsangehörigen ist
rückwirkend von dem Tage an, mit dem die deutschen Patentinhaber in Rußland ihrer
Rechte entsetzt worden sind, der Schutz ihrer deutschen Patente und die Fähigkeit, durch
Anmeldung irgendein Recht zu erlangen, allgemein entzogen, Patentanmeldungen
von Russen werden also fortan abgewiesen und begründen auch keine Prioritäterechte.
Die Hatente der Russen behalten ihren formalen Bestand, sind aber wirkungslos, die
Benutzung der Erfindung steht jedermann frei. Dabei sind jedoch die etwa für Angehörige
anderer als der drei feindlichen Staaten (also insbesondere für Deutsche) bestellten
ausschließlichen Lizenzrechte ausdrücklich gewahrt. Nur ist solchen Lizenzträgern die
Pflicht auferlegt, bis spätestens zum 30. September 10115 ihre Bechte bei dem Patent-
amt anzumelden, welches sie zur öffentlichen Kenntnis bringt. Wer dies versäumt,
kann nicht hindern, daß die ins Freie gefallene Erfindung von anderen benutzt wird.
Dem Reiche ist das Recht zugesprochen, die für die Gewährung des Ausschließungs-
rechts dem Russen zugesagte Gegenleistung von dem (deutschen) Lizenzträger zu forder.
Die Ausführungsbestimmungen vom 2. Juli 1915 (RBl. 412) sind vom *¾Pp& vn
kanzler auf Grund der durch die Derordnung ihm erteilten Vollmachten erlassen wot al.
Danach bedarf es für Anordnungen zur Beschränkung feindlicher Schutzrechte res