Bekanntmachung zur Entlastung der Gerichte vom 9. September 1915. 491
spruchs nicht bedarf; ebenso Samter a. a. O. 21, Heilberg a. a. O. 1514; zweifelnd
Neukamp a. a. O. 15.
2. Striemer a. a. O. 1160. Das landgerichtliche Mahnverfahren bildet einen Teil
des ordentlichen Klageverfahrens; das Mahnverfahren eröffnet den Rechtsstreit,
ist gleichsam sein erster Teil, ist ihm aber nicht als Sonderverfahren vorgelagert.
Daraus folgt: der Anwalt des Klägers erhält die gewöhnliche Prozeßgebühr aus § 13
Nr. 1 Geb O. nebst Pauschsatz gemäß § 76 Abs. 3. Dieselbe Prozeßgebühr mit entsprechendem
Pauschsatz erhält der Anwalt des Beklagten, auch wenn er weiter nichts tut, als gegen
den Zahlungsbefehl Widerspruch zu erheben, § 5 Bek. Denn diese Widerspruchserhebung
ist ein Akt des Geschäftsbetriebes eines Prozeßbevollmächtigten in einem anhängigen
Prozeß, fällt deshalb unter § 13 GebO. Das folgt besonders auch aus § 4 Bek.; danach
hat nämlich die Zustellung einer mit Zahlungsbefehl versehenen Klage dieselben Wirkungen,
wie wenn sie mit Terminsbestimmung versehen wäre.
3. Müller, Baypfl B. 15 367. Das Mahnverfahren vor den Landgerichten ist nur
eine Abart des ordentlichen Verfahrens, ein Teil des Rechtsstreites selbst. Der Anwalt
hat infolgedessen Anspruch auf eine Prozeßgebühr nach den Sätzen des §J9 RA#O. (val.
Begründung zu §12 BRWV.) und damit auch auf einen Mindestpauschsatz nach § 76 Abs. 3
a. a. O., soweit diese Bestimmung bei landgerichtlichen Streitwerten in Frage kommt.
3. Zelter a. a. O. 1233. Die Gebühr für den Widerspruch beträgt nur 2/10. Die
Einstellung der vollen Gebühr (Striemer) wird der Tendenz der Novelle nicht gerecht.
III. Aus der Kritik.
Zelter a. a. O. 1233. Bisher war das Mahnverfahren auch abgesehen vom Ausschluß
des Anwaltszwangs durch Verbilligung begünstigt. Die Beitreibung kostete 3/10 Gerichts-
gebühr und ursprünglich 3/16 Anwaltsgebühr. Bei der Novelle von 1909 erhöhte man die
Gebühren der Anwaltschaft allein, auf 10/10. Jetzt stellt die Kriegsverordnung im land-
gerichtlichen Mahnverfahren alle Gebühren sowohl des Gerichts wie des Anwalts denen
des Versäumnisverfahrens gleich. Der einzige Unterschied besteht in der an sich praktischen
Ersparung der Kostenfestsetzungsgebühr. Das Motiv scheint zu sein, daß Fiskus und An-
waltschaft durch den Mahnzwang und die Ersparung der Versäumnistermine nicht schlechter
gestellt werden sollen. Dies scheint aber sowohl sozial= wie prozeßpolitisch unzutreffend;
prozeßpolitisch deshalb, weil gerade der billigere Weg des Mahnverfahrens den Schuldner
zur Unterwerfung zwingen soll, während jetzt bezüglich der Kosten des Gerichts und des
Gläubigers es für den Schuldner ganz gleich ist, ob er sich dem Vollstreckungsbefehl gegen-
über sieht oder dem nicht vollstreckkaren Versäumnisurteil, und während der Vorteil, daß
durch den Ausschluß der Kostenfestsetzung die Gefahr doppelter Vollstreckung ausgeschaltet
wird, den Parteien nicht erkennbar ist; sozialpolitisch, weil die verschiedenen Gestaltungen
der Beitreibung im Verhältnis zum streitigen Prozeß ausreichend stark belastet sind.
Bei dem ordentlichen Mahnverfahren, das auch bei Landgerichtsobjekten offen-
steht, hat der Gläubiger nach den Bestimmungen der Verordnungen nur 3/10 der Gerichts-
kosten zu erwarten, er kann also Ersparnisse machen, tauscht aber andererseits die Gefahr
ein, daß der Schuldner, ohne zunächst mehr Kosten zu zahlen, Widerspruch erhebt. Ferner
genießt er vor dem A. im freien Verfahren die Freiheit vom Anwaltszwang.
So stellt diese Kostenpolitik den Gläubiger offenbar vor die Erwägung, ob es nicht
zweckmäßiger erscheint, LG. und Anwaltschaft zu verlassen, und die Kostenlast des Mahn-
zwangs wird ihn vielleicht zurückzwingen in das alte Verfahren, dessen Mängel gerade
beseitigt werden. sollen.
IV. Anhang zu § 12.
1. Delius a. a. O. 548. Gegenvorschlag: Alle im Mahnverfahren überhaupt
verfolgbaren Ansprüche müssen im Mahnverfahren vor dem Amtsgericht geltend gemacht
werden. Wird gegen den Zahlungsbefehl Widerspruch (nur ein mit Gründen versehener
ist zulessig) erhoben, so übersendet das Amtsgericht dem Landgericht die zu dessen Zu-