60 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
4. Bekanntmachung über die Bewilligung von Zahlungsfristen
an Kriegsteilnehmer. Vom 8. Juni 1916. (Rl. 452.)“)
Der Bundesrat hat .. . folgende Verordnung erlassen:
§ 1. Auf Antrag eine Schuldners, der Kriegsteilnehmer ist oder gewesen ist,
kann die Zahlungsfrist gemäß §& 1, 4 der Verordnung über die gerichtliche Bewilli-
gung von Zahlungsfristen (RG#Bl. 1915 S. 290, 1916 S. 451) bis zu sechs Mo-
naten bestimmt werden, wenn die wirtschaftliche Lage des Schuldners durch die
Teilnahme am Kriege so wesentlich verschlechtert ist, daß sein Fortkommen ge-
fährdet erscheint.
Der Antrag ist auch bei einer nach dem 31. Juli 1914 entstandenen Geld-
forderung zulässig, sofern die Forderung vor oder während der Teilnahme des
Schuldners am Kriege entstanden ist.
Der Antrag darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil anzunehmen ist, daß
der Schuldner nach Ablauf der Frist zur Befriedigung des Gläubigers außerstande
sein wird.
§ 2. Unter den im §& 1 Abs. 1 und 2 bezeichneten Voraussetzungen kann die
Einstellung der Zwangsvollstreckung G 5 der Verordnung über die gerichtliche Be-
willigung von Zahlungsfristen) für die Dauer von längstens sechs Monaten er-
sfolgen; sie kann mehrfach erfolgen und ist auch zulässig, wenn eine Zahlungsfrist
bereits bestimmt ist.
Die Vorschrift des §+ 1 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
§ 3. Auf Antrag des Gläubigers kann das Vollstreckungsgericht die Einstel-
lung der Vollstreckung aufheben, wenn die Einstellung infolge nachträglicher wesent-
licher Veränderungen der Umstände dem Gläubiger einen unverhältnismäßigen
Nachteil bringen würde, insbesondere wenn die spätere Befriedigung des Gläu-
bigers durch andere Zwangsvollstreckungen erheblich gefährdet wird.
Die Gerichts= und Anwaltsgebühren betragen zwei Zehnteile des Satzes des
sl8 des Gerichtskostengesetzes und des §5 9 der Gebührenordnung für Rechtsan-
wälte. Der Wert des Streitgegenstandes ist von dem Gerichte nach freiem Er-
messen, höchstens jedoch auf den zwanzigsten Teil der Forderung festzusetzen.
§ 4. Die Verordnung über die Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung einer
Geldforderung (RG#l. 1915 S. 292, 1916 S. 451) sindet, wenn der Schuldner
Kriegsteilnehmer ist oder gewesen ist, auch bei den nach dem 31. Juli 1914 ent-
standenen Geldsorderungen Anwendung, sofern sie vor oder während der Teil-
nahme des Schuldners am Kriege entstanden sind. Die Vorschrift des 8 1 Abs. 1
ist entsprechend anzuwenden.
§ 5. Kriegsteilnehmer im Sinne dieser Verordnung sind außer den im § 2
Abs. 1 des Gesetzes, betreffend den Schutz der infolge des Krieges an der Wahr-
nehmung ihrer Rechte behinderten Personen, vom 4. August 1914 (RGBl.
S. 328) bezeichneten Personen auch die Personen, die vermöge ihres Dienstverhält-
nisses, Amtes oder Berufs zu den immobilen Teilen der Land= oder Seemacht
gehören. .
§6.DieseVerordnungtrittmitdemTagederVetkündung[9.6.]inKraft.
Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
Begründung. (D. N. IX 205.)
Die vermögensverhältnisse zahlreicher Kriegsteilnehmer werden durch den lriegs-
dienst schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die zu den Fahnen Einberufenen sind auf
*) Diese streng genommene zu Abschnitt A gehörlge BO. wird des Zusammenhanges
wegen hier mitgeteilt.