Bek. über die Bewilligung v. Zahlungsfristen an Kriegsteilmehmer vom 8. Juni 1916. 61
Jahre hinaus ihrer gewohnten Erwerbstätigkeit entfremdet. Mag auch häufig für sie
die Möglichkeit bestehen, ihre Geschäfte durch Dertreter betreiben zu lassen, so läßt sich
doch in vielen Fällen nicht vermeiden, daß infolge der Inanspruchnahme zum riegs-
dienst ein erheblicher Rückgang in der wirtschaftlichen Lage der Kriegsteilnehmer eintritt.
Das Gesetz, betreffend den Schugtz der infolge des Krieges an Wahrnehmung ihrer Rechte
bebinderten Hersonen, vom 4. August 1914 (ROBl. 326) und die zu seiner Ergänzung
erlassene Verordnung zum Schutze Angehöriger immobiler Truppenteile vom 20. Januar
ltotlé (RGBl. 47) vermochten die Aufgabe, diese schädigenden Wirkungen zu mildern
und auszugleichen, nur zum Teil zu erfüllen. Abgesehen davon, daß diese Gesetze von
dem Gesichtspunkt der prozessnalen Behinderung, nicht von dem der wirtschaftlichen
Bedrängnis des Kriegsteilnehmers ausgehen und demgemäß ihre Fürsorge auf Maß-
nahmen prozessualer Matur beschränken, hört ihr Schutz für den einzelnen Kriegsteil-
nehmer ganz auf, wenn seine Sugehörigkeit zur bewaffneten Macht ihr Ende erreicht
hat. Rach diesem Seitpunkt konnten Hrozesse gegen ihn von dem Gläubiger aufge-
nommen (6 4 Abs. 2 des Gesetzes v. 4. August 1914), Swangsvollstreckungen konnten
wieder ohne Beschränkung gegen ihn betrieben und fortgesetzt werden. Die bisherigen
vorschriften versagten also gerade in dem Augenblick, in dem eine Fürsorge für den
Uriessteilnehmer besonders geboten war. Mit den erforderlichen Schutzmaßregeln
konnte nicht bis zur Beendigung des Mrieges gewartet werden. Denn bereits jetzt
mehren sich die Fälle, daß Soldaten, die nicht mehr dienstfähig sind, in die Heimat
zurückkehren. Die auf Grund des 3 3 des sog. Erm G. ergangene Bek. v. 8. Juni 1916
setzt deshalb zugunsten der Schuldner, die Kriegsteilnehmer sind oder gewesen sind,
die Böchstdauer der richterlichen Sahlungs= und Einstellungsfristen auf sechs Monate
binauf und bestimmt ferner, daß die Einstellung der Swangsvollßreckung mehrfach
und auch dann erfolgen kann, wenn eine Sahlungsfrist bereits bewilligt ist. Die erweiterten
Vergünstigungen sind auch für solche Schulden zugelassen worden, die erst nach dem
51. Juli 1014, aber vor oder während der Teilnahme des Schuldners am lriege ent-
standen sind. Vorausgesetzt wird, daß die wirtschaftliche Lage des Schuldners durch
die Teilnahme am riege so wesentlich verschlechtert ist, daß sein Fortkommen gefährdet
erscheint. Um Nachteile für den Gläubiger zu vermeiden, ist die nachträgliche Auf-
hebung der Einstellung der Swangsvollstreckung zugelassen, wenn die Fortdauer der
Einstellung infolge wesentlicher Deränderung der Umstände dem Gläubiger einen un-
verbältmismäßigen Wachteil bringen würde, insbesondere wenn die spätere Befriedigung
des Gläubigers durch andere Swangsvollstreckungen erheblich gefährdet wird. Die
Vorteile der Derordnung kommen den Angehörigen mobiler wie immobiler Truppen-
teile gleichmäßig zugute. ·
Literatur.
Unger, Die Bek, über die Bewilligung von Zahlungsfriften an Kriegsleilnehmer
vom 8. Juni 1916. Recht 16 448 ff. gung 8 2 9
1. Unger a. a. O. 451. Für Forderungen, die nach Beendigung der Kriegsteil-
nehmerschaft enistanden sind, ist die Frist nach der allgemeinen Verordnung zu gewähren.
Wird der Schuldner aber wieder Kriegsteilnehmer, z. B. während der Beschwerdefrist,
so findet die besondere Verordnung Anwendung.
2. Unger a. a. O. 452. Die Entscheidung über den Fristantrag soll in der Regel
endgllltig sein und von vornherein — falls nolwendig, durch Beifügung einer Bedingung —
für die künfrige Lage Vorsorge tressen. Die Möglichkeil längerer Fristgewährung forderte
naturgemäß ein Mittel zur Beseitigung der Frist, weil sich auf längere Zeit nicht alle Um-
stände übersehen lassen. Hieraus ergibt sich, daß der Ablehnungsantrag unbedingt zurück-
zuweisen isl, wenn er für die ersten drei Monate der ersten Frist gestellt wird. Der Kriegs-
teilnehmer sollte doch sicher nicht schlechter gestellt werden, als ein Schuldner, der auf
Grund der allgemeinen Verordnung Frist erhält.
3. Unger a. a. O. 452. Nach dem Wortlaut ist die vorzeitige Aufhebung der Frist