82 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
VII. Ist ein Verzicht auf die Bewilligung zulässig?
1. Bejahend.
a) Zweigert a. a. O. 18. Auf die Befugnis, eine Zahlungsfrist zu beantragen,
kann der Schuldner im voraus vertragsmäßig verzichten (Bendix, Kriegssonderrecht
41; Mayer, Privatrecht des Krieges 60; Striemer, IW. 14 852; Cohn im Berl.
Tagebl. v. 12. August 1916). Wollte man den Verzicht im Hinblick auf die Beteiligung von
Interessen der Allgemeinheit für un zulässig hallen (so HypEEinig A. Berlin, JW. 16 1034),
so würde das die Gefahr einer Lähmung des Hypothekenverkehrs nach sich ziehen; der
Geldgeber würde vielfach Bedenken tragen, sein Geld in Hypotheken anzulegen, wenn
er nicht in der Lage wäre, die Möglichkeit der gerichtlichen Hinausschiebung der Fälligkeit
von vornherein durch Vereinbarung auszuschließen. Auch daß der Zweck der Vorschrift
über den Bereich privater Interessen hinausgehyt, läßt sich gegen die Zulässigkeit eines
Verzichts nicht anführen. Es überwiegt der privatrechtliche Gesichtspunlt. Ist die Frist
bereits bewilligt, so kann auf sie selbstverständlich ebenso verzichtet werden wie auf jede
vertragsmäßige Stundung (5§ 6).
d) Cohn, JW. 16 1260. Man kann grundsätzlich künftig die Hingabe von
Kapital gegen Hypothek vom Verzicht des Schuldners auf die Rechte aus
der Verordnung v. 8. Juni 1916 abhängig machen. In dem von dem Hypotheken-
einigungsamt begutachteten Falle 12) handelle es sich aber darum, daß ein — überdies
in sehr günstiger Vermögenslage befindlicher — Gläubiger die Stundung der bereits
bestehenden Schuld von einem derartigen Verzicht abhängig machen wollte. Es ist
etwas wesentlich anderes, wenn jemand eine Stundung, welche dem Schuldner vom
Gericht bedingungslos erteilt werden würde, sogar noch, wie es in dem vom Hypotheken-
einigungsamt begutachtelen Tatbestande der Fall war, unter Ausnutzung der Geschäfts-
unkenntnis des Schuldners von der Bedingung des erwähnien Verzichts abhängig macht,
als wenn man bei Begründung des Schuldver hältnisses sein Geld nur dann hin-
gibt, wenn der Schuldner auf die Stellung des Stundungsantrags verzichtet. Das Hypo-
thekeneinigungsamt verkennt den Rechtsgrund der Unwirksamkeit des Verzichts in dem
ihm unterbreiteten Falle. Die Unwirksamkeit hätte sich aus J138 BGB. (Rechts-
geschäft gegen die gulen Sitten), nicht aus einer allgemeinen Unzulässig-
keit eines Vorausverzichts auf die Stundungsrechte der Kriegsverord-
nungen ergeben (gegen die Zulässigkeit des Verzichts Eyck, VossBtg. Nr. 415).
Tßc) Stillschweig, JW. 16 1403. Vereinbarungen, die von den Vorschriften der
Hyp#O. abweichen, sind unwirksam, wenn sie sich auf bereits bestehende, wirksam, wenn
sie sich auf erst zu begründende Hypothekenschuldverhältnisse beziehen; a. M. Lesser,
IW. 16 1403.
2. Verneinend.
. IW. 16 1034 (HypEinig A. Berlin). Ein rechtswirksamer Verzicht auf die Rechts-
wohltaten der Kriegsgesetze kommt nicht in Frage. Es kann hierbei dahingestellt bleiben,
ob der Schuldner auf einen Stundungsanspruch verzichten kann, der ihm bereits aus einem
bestimmten Sachverhältnis nach den Kriegsgesetzen erwachsen ist, keinenfalls kann er
rechtswirksam im voraus für die ganze Kriegszeit auf den Schutz der Kriegsgesetze ver-
zichten, da dieser Schutz einen Bestandteil der öffentlichen Rechtsordnung bildet. Um-
gekehrt wird vielmehr dadurch, daß ein in sehr günstiger Vermögenslage befindlicher,
geschäftlich sehr erfahrener Gläubiger ohne Not einem unerfahrenen und ungewandten
Schuldner einen derartigen Verzicht zumutet, die Schutzbedürftigkeit des Schuldners in
besonderem Maße erwiesen, und zwar um so mehr, als die unter der Bedingung des Ver-
zichts erteilte sechsmonatliche Frist dem Schuldner als Ausdruck besonderen Entgegen-
kommens hingestellt wurde, während dem den Hypothekenbankkreisen nahestehenden
Gläubiger nicht unbekannt sein lonnte, daß der Schuldner nach der ganzen Sachlage bei
Anrufung der Gerichte die Frist bedingungslos erhalten haben würde.