Bekanntmachung über die Todeserklärung Kriegsverschollener vom 18. April 1916. 139
noch lange nicht entrückt war. Wenn endlich die Feststellung, daß eine nicht zur bewafsneten
Macht gehörende Person in die Gewalt des Feindes geraten sei, als Voraussehung der
TodeSerilätung ausgestellt ist ( 1 Abs. 2 VO.), so kann die gleiche Feststellung hinsichtlich
eines Angehörigen der bewaffneten Macht kein Hindernis der Todeserklärung bilden.
Zweifel können entstehen, wenn festgestellt wird, daß ein bei seinem Truppenteil Ver-
mißter in ein feindliches Gefangenenlager eingeliefert und dort am Leben ist, und wenn
sodann lange Zeit keine Nachricht von ihm oder über ihn eingeht. Z.#mächst ist durch die
Auskunft der bis dahin bestandene Zustand des Vermißtseins zerstört, und das Ausbleiben
von Nachrichten allein wird ihn nicht neu begründen können. Anders aber dürfte die Sach-
lage werden, wenn ermittelt wird, daß Ereignisse cingetreten sind, vermöge deren der
Gesangene dem Bereiche und der Wirkung der eigentlichen Kriegsgefahren aufs neue
ausgesetzt worden ist. Man braucht nur daran zu denken, daß die Feinde wiederholt weit
in ihr Land zurückgeschlagen worden sind. Wenn sie auf ihrer Flucht Gefangenc milge-
nommen haben, so sind diese unmitlelbar wieder in dic Keiegswirren verstrickt worden.
Rechtlich sind die Gefangenen auch Kriegsleilnehmer geblieben. Durch die Gesangen-
nahme wurden sie zwar tatfächlich aus dem Kampf ausgeschaltet, aber nur so weit und so
lange, als der Feind Macht und Gewalt über sie hat. Ein Ereignis der bezeichneten Art
kann daher ein neues Vermißtwerden in Lauf setzen. Es ist aber zuzugeben, daß bei der
Vielheit der tatsächlichen Möglichkeiten jeder Fall für sich allein gewürdigt werden muß.
Namentlich gilt dies von der Flucht eines einzelnen Gefangenen; ihre Umstände können
ihn den Kriegsgefahren wieder aussetzen. Anders wohl, wenn er unmittelbar in ein neu-
trales Land geflohen ist.
IV. Die Berechnung der Frist.
1. Stern a. a. O. 554. Die für die Einleitung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke
der Todeserklärung, und zwar mit Wirkung für alle Kriegsschauplätze ebenso wie für die
Feststellung des Todestags maßgebende Jahresfrist rechnet seit dem Eingange der
letzten Nachricht von dem Leben einer Person, auf welche die angegebenen Voraus-
setzungen zutreffen. Diese auch von Dronke a. a. O. 635, Schmidt a. a. O. 25, 35
und v. Millner a. a. O. 730 vertretene Auslegung ist allerdings nicht ohne gewisse
Schwierigkeiten zu gewinnen. Der Wortlaut des § 1 Kr Versch V. über die Todeserklärung
eines Kriegsverschollenen, „wenn von seinem Leben cein Jahr lang keine Nachricht einge-
gangen ist“, schließt sich eng an den des § 14 Bö. an. Für den § 14 BGB. nehmen
aber Rechtslehre und Rechtsprechung zufolge seiner Entstehungsgeschichte (Staudinger
zu § 14 BGB.) übereinstimmend an, daß der Zeitpunkt des Einganges der Nachricht
für den Fristbeginn unbeachtlich, vielmehr von der Zeit ab zu rechnen ist, „auf welche die
letzte Kunde von dem Leben des Verschollenen sich bezieht“ (Mot. 1, 38), daß also der
Inhalt der Nachricht für den Fristbeginn entscheidet. Daß für den 5 14 BE#B. nur
diese Auslegung möglich ist, ergibt mit Sicherheit dessen Abs. 3 (Schlußworte). Die Mög-
lichteit des Gedantkens besteht, dieselbe Auslegung auch auf den # 1 Kr Versch V. anzu-
wenden. Jedoch mit Unrecht.
Bereits für §z 14 BGB. wird anerkannt, daß nach dem Wortlaut des Abs. 1 der
Nachrichteneingang, nicht der Nachrchtenin halt für den Fristbeginn entscheidend ist.
Für 3 1 Kr Versch V. fehlt es nun aber nicht nur rein äußerlich an einem klarstellenden
Rechtsatze für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung, sondern infolge der neuartigen
Regelung der Frist als solcher (Absehen von den fünf und zehn Jahren sowie der Zuhilfe-
nahme des Jahresschlusses) auch innerlich an der Möglichkeit, den Abs. 3 des 3 14 BG.
ergänzend zur Auslegung des § 1 Kr Versch V. heranzuziehen. Hierzu kommt, daß die
Festsetzung der immerhin kurzen Frist von einem Jahre die Bestimmung der späteren
Zeit des Einganges der Nachricht rechtsertigt. Mag auch Vermißtsein und Verschollenheit
sich an die Person des Verschollenen knüpfen, während die Person des Empfängers und
die Zeit des Einganges der Nachricht oft vom Zufall abhängen, so ist doch nicht zu verkennen,
daß im allgemeinen der Eingang der (nicht notwendig, aber wohl meist schriftlichen)