168 C. Handelssachen und Gewerbliches Eigentum.
einem Kunden einen höheren Preis abfordert, weil entgegen polizeilichen Vorschriften
nicht an jedem der feilgehalienen Gegenstände der Verkaufspreis angebracht ist.
6) Alsberg a. a. O. 91. Der Kreis der Pflichten eines Angestellten ist nicht so weit
erstreckt, wie der des selbständigen Gewerbetreibenden. Deshalb kann es ihn auch unter
Umständen exkulpieren, wenn er der Anweisung seines Chefs entsprechend gehandelt hat,
ohne noch besonders zu prüfen, ob er sich nicht damit in Widerspruch zu den von den Kriegs-
wucherbestimmungen an ihn gestellten Anforderungen setze. Wenn auch die Berufung
auf die dem Angestellten obliegende Gehorsamspflicht ihn nicht schlechthin entschuldigt,
so muß dieser Umstand doch bei der Entscheidung des Einzelfalls unbedingt mit in die
Wagschale geworfen werden.
5. Bewußtsein der Rechtswidrigkeil (zu vgl. Bd. 2, 171).
Häußler, Sächs,tpfle#. 16 261. Der Täter muß mit der Verwirklichung des straf-
baren Tatbestandes auch dessen Verwerflichkeit im gekennzeichneten Sinne und die daraus
sich ergebende Strafwürdigkeit, die sich bei den Tatbeständen des Strafgesetzbuches aus
ihnen zumeist als selbstverständlich, bei gewissen Tatbeständen des Sonderrechts allerdings
meist erst aus dem Verbote ergibt, kennen. Sonst ist keine Schuld vorhanden, die Zu-
rechnung ausgeschlossen. Auch außerhalb der Strafrechtsanwendung wird niemand für
sein Tun verantwortlich gemacht, wenn nicht die Überzeugung begründet ist, daß er einer
erkannten Pflicht zuwidergehandelt hal. Ohne Erkenntnis der Pflichtwidrigkeit seines
Tuns ist niemand in der Lage, sein Verhalten nach der erkannlen Pflicht cinzurichten.
Ohne Kenninis der durch Gesetz dem Staatsbürger auferlegten Pflicht, gleichviel auf
welchem Wege, ob durch Kenntnis des Gesetzes selbst oder sonst, sie vermiltelt wird, fällt
die Möglichkeit, eine sachlich vorhandene Zuwiderhandlung gegen das Gesetz, das lediglich
aus dem Kreise allgemein pflichtwidriger Tatbestände bestimmtie zur Aufrechterhaltung
des Gemeinschaftslebens im Wege des Rechis als der Gemeinschaftsregelung mit Strafc
bedroht, dem Täter auf Rechnung zu setzen.
6. Irrtum.
(Erläuterung 1 bis 4 und 5 a bis c in PBd. 2, 171, 172.)
s) Lobe, Rechtsirrtum, Leipz. 16 641 ff., 718ff., 723 wendet sich gegen die ver-
schiedenartige Beurteilung des Strafrechtsirrtums in der Rechtsprechung des RG. (zu
vgl. in Bd. 2, 1724) und verlangt, daß unterschiedslos das Bewußtsein oder die verschuldete
Unkenntnis vom Verbotensein der Handlung zur allgemeinen Voraussetzung ihrer Slraf-
barkeit gemacht werde.
8) Eingabe der Altesten der Kaufmannschaft in Berlin an den
Reichskanzler v. 7. Juni 1916.
Bereits in Friedenszeiten haben wir in unserer Eingabe an den Staatssekrelär des
Reichsjustizamts v. 4. Februar 1911 auf Mißstände im geltenden Strafrecht hingewiesen, die
Handel und Gewerbe besonders beschweren. Die zahllosen strafrechtlichen Vorschriften
zusammen mit der herrschenden Lehre, daß Irrtum über das Strafsgesetz nicht von Strase
befreit, wurden von uns als die Ursachen der Beschwerden bezeichnet. Wir konnten uns
dabei auf Gewährsmänner berufen, die, wie z. B. Felisch, erklärten: Wenn man das
Glück hat, unbestraft geblieben zu sein, so muß man ehrlicherweise eingestehen, daß dies
auf.einem Zufall beruhe. Der Abgeordnete Werner hat ausgesprochen, daß jeder von uns
alltäglich, ohne es zu wissen, gegen irgendeine Verordnung verstößt. Ein anderer hochan-
gesehener Schriftsteller, Rosen berg, hat dargelegt, daß die Strafe den Menschen befällt
wie ein Nalurereignis, wie Schnee und Regen oder ein Ungewitter. Wenn solche Urteilc
schon für den Frieden galten, so sind sie jetzt im Kriege in einer Weise bestätigt worden,
daß es nicht mehr gestattet ist, die Beseitigung der Ubelstände bis zum neuen Strafgesetz-
buch aufzuschieben.
Zauei Umstände haben im Kriege zu einer Vervielfachung der Klagen geführl. Ein-
mal die Zahl der ergangenen Verordnungen. Das Reichsgesehblatt, das nur einen kleinen