Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Verordn, über den Handel mit Lebens= u. Futtermitteln v. 29. Juli 1916. 215 
Eurer Exzellenz erlassenen Ausführungsbestimmungen auf den Versuch einer derartigen 
Feststellung verzichtet worden sein. 
Sollten der Bundesrat und Eure Exzellenz daher eine Feststellung im Verordnungs- 
wege nicht beabsichtigen, so gestatten wir uns anzuregen, daß eine Stelle errichtet werde, 
die den Interessen und ihren Vertretungen in Zweifelsfällen Auskünfie erteilt. Die Aus. 
tunft brauchte für die erteilende Stelle nicht bindend zu scin, könnte vielmehr jederzeit 
für den Empfänger verbindlich abgeändert werden; es würde genügen, wenn sic demjenigen, 
der sich bis zu der elwoigen Anderung auf die stützt, die Gewähr böte, daß er nicht vom Straf. 
richter verfolgt wird. Dieses Ziel wäre wohl durch eine Anweisung an die Strasverfolgungs- 
behörde erreichbar. Wir bitten in Erwägung zu ziehen, ob für die Erteilung dieser Aus- 
künfte vielleicht die von den Landeszentralbehörden zur Erteilung und Entziehung der 
Enaubnis, sowie zur Untersagung des Handels geeigneten Stellen geeignet wären. Für 
deren Eignung spricht der Umstand, daß sie ohnehin bei allen Anträgen auf Erlaubnis- 
crteilung sich über das Vorhandensein der Voraussetzungen schlüssig zu machen haben 
werden. Die Erteilung allgemeiner Auskünfte über bestimmte Lebensmittel würde für 
sie also keine Mehrarbeit, sondern im Gegenteil eine Entlastung bedeuten. 
b) Die Verordnung enthält in § 11 eine Strafandrohung für die Preissteigerung 
von Lebens- und Futtermitteln „durch unlaulere Machenschaften, insbesondere Ketten- 
handel“. 
Der neue Begriff „Kellenhandel“ ist nicht näher umgrenzt. Wir sehen ein, daß die 
Umgrenzung schwierig, vielleicht unmöglich ist. Indem die Verordnung den Kettenhandel 
als ein Beispiel unlauterer Machenschaften aufführt, läßt sie indessen unseres Erachtens 
klar genug erkennen, daß der anständige und wirtschaftlich berechtigte Zwischenhandel 
nicht davon betroffen werden soll. 
Allein es ist damit zu rechnen, daß nicht alle Strafverfolgungsbehörden und Gerichte 
den Unterschied zwischen dem erlaubten Zwischenhandel und dem verbotenen Kettenhandel 
zutreffend würdigen werden, zumal in einer Zeit, in der die öffentliche Meinung aus 
mancherlei Ursochen geneigt ist, den Zwischenhandel anzufeinden. 
Aus diesem Grunde befürworten wir, daß die Strafverfolgungsbehörden veranlaßt 
werden, vor Erhebung der Anklage wegen Kettenhandels das Gutachten einer geeigneten 
Stelle darüber einzuholen, ob Kettenhandel in Frage kommt. Welche Stelle das sein soll, 
dürfen wir dem Ermessen Eurer Exzellenz überlassen; wichtig wäre hierbei lediglich, daß 
in ihr berufene Vertreter des Kaufmannsstandes mitwirken. 
2. Hierauf ist folgender Bescheid des Handelsministers v. 18. Juli 1916 (Ne. IIb 
8435, Abs. 1, 2, auch HMl. 16, 232) ergangen: 
Um im Interesse der Handelskreise die Beseitigung von Zweifeln darüber zu er- 
möglichen, welche Gegenstände als „Lebens-, Futtermittel oder Erzeugnis, aus dem Lebens- 
oder Futtermittel hergestellt werden“ im Sinne der Verordnung über den Handel mit 
Lebens- und Fultermilkeln und zur Bekämpfung des Kettenhandels v. 29. Juni 1916 
(RGVl. 581) anzusehen sind, habe ich die zur Erteilung und Entziehung der Erlaubnis 
sowie zur Versagung des Handels errichteten Stellen angewiesen, auf Anfragen Auskunft 
zu erteilen. Die erteilte Auskunft ist für die Stelle nicht bindend und kann jederzeit ab- 
geändert werden. Sie wird jedoch den Empfänger bis zum Widerruf vor strafrechtlicher 
Verfolgung schützen, wenn er es, gestügt auf die Auskunft, unterlassen hat, die Erteilung 
der Erlaubnis zum Handel mit Lebens= oder Futtermitteln einzuholen. 
6 Die Handelsvertretung ersuche ich, die beteiligten Kreise hierauf aufmerksam zu 
machen. 
Was die in dem Bericht der Handelskammer v. 12. Juli d. J. berührte Frage über 
die Auslegung des Begriffs des „Kettenhandels" anlangt, so hat der Herr Justizminister 
die Strafverfolgungsbehörden angewiesen, vor der Erhebung einer Anklage wegen straf- 
baren Kettenhandels ein Gutachten von der bei dem hiesigen Polizeipräsidenten zu er- 
richlenden Zentralstelle zur Bekämpfung des Wuchers einzuholen. 
3. HMBl. 16 264. Als Lebensmittel i. S. der VO. v. 24. Juni 1910 (RGBl. 581)
	        
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