Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

216 C. Handelssachen und Gewerbliches Elgentum. 
sind nach einer Mltteilung des Herru Präs. der KrEA. Wein, Spirituosen, Bier, Kaffee 
und Tee, nicht dagegen Tabak anzusehen. 
4. Norddllg Zlg. v. 19. Juli 1916 Nr. 198 1. Ausg. (Aus den „Mitteilungen 
des Kriegsernährungsamts"). In der Presse, vor allem auch in der Handelswell, hat die 
Berordnung über den Handel mit Lebens- und Futtiermitleln und zur Bekämpfung des 
Kettenhandels im großen ganzen Zustimmung gefunden. Ganz begreiflich, denn die Ver- 
ordnung erstrebt ja doch nur dasjenige, was der reelle Handel schon längst wünschte: die 
Beseitigung der Auswüchse und der unreellen Elemente aus dem Lebensmitlelverkehr. 
Nur nach einer Richtung sind gegen die Verordnung Bedenken erhoben worden und Be. 
sorgnisse aufgetaucht: gegen die sehlende Begriffsbestimm ng in § 11. Hier werden be- 
kanntlich Preistreibereien durch „.unlautere Machenschaften, insbesondere Kettenhandel“ 
unter Strafe gestellt, ohne daß im übrigen angegeben wird, was unlautere Machenschaften 
und Kettenhandel sind. Während der Begriss der unlauteren Machenschaften in der Handels- 
welt keinen Anlaß zu Bedenken gegeben hal, knüpsen reichliche Bedenken an den Begriff 
des Kettenhandels an. Dadurch, daß dieser Begriff nicht fest umschrieben, andererseits 
aber auch der Offentlichkeit nicht geläufig sei, da er ein Ergebnis der kriegswirtschaftlichen 
Verhällnisse sei, würde der Willkür seitens der Aufsichtsbehörden Tür und Tor geöffnet. 
Wenn von einer genauen Bestimmung des Begriffes „Kettenhandel“ in der Ver. 
ordnung Abstand genommen wurde, so geschah das aus besonderen Gründen. Der leilende 
Zweck der Verordnung ist der, jene Verjehrserscheinungen zu freffen und zu unterbinden, 
die die Ware verteuern und meistens auch dem Verbrauch unnötig vorenthalten, indem 
sie sie von Hand zu Hand wandern lassen. Die sozial unerwünschten, als Kettenhandel 
zuerst von der Offentlichkeit bezeichneten Erscheinungen sind aber der mannigfachsten Ar#: 
hätte man objektive Kriterien festgelegt, so war die Gefahr vorhanden, daß Umgehungs- 
sormen gefunden wurden, die die Zwecke der Verordnung verletzten, ohne als Ketten- 
handel nach der Begriffsbestimmung des Gesetzes saßbar zu sein. So war es gebolen, den 
wechselvollen Gestaltungen Rechnung zu tragen, den Begriff, wie ihn Handelswest und 
Bolksmund geprägt haben und verstehen, ohne streng juristische Fassung zu lassen, eben um 
die Möglichkeit weitgehendster Wahrung der durch die Verordnung bezielten Zwecke zu haben. 
Die Festlegung objektiver Kriterien hätte gerade für den legitimen Handel Bedenken 
gehabt; hätie man — wie das ein großes Handelsblatt vorschlägt — bestimmt, die Ware 
dürfe bis zum Verbraucher höchstens drei Hände durchlausen, Erzeuger, Großhandel 
Kleinhandel, so wäre damit dem Zweck der Verordnung nicht ausreichend gedient gewesen, 
vielsach würde das Durchlaufen durch diese drei Handelsstellen schon Keltenhandel bedeuten 
müssen, während an anderen Stellen vielleicht mehr Zwischenhände wirklich nötig sind. 
Auch der Vorschlag, den Keitenhandel dadurch zu vernichten, daß man zwischen Erzeuger- 
preis und Berbrauchspreis eine ganz bestimmle schmale Spannung läßt, dürsle kaum be- 
friedigt haben; man müßte dann alle Lebens- und Futtermittel unter Erzeuger= und Ver- 
braucherhöchstpreise stellen; ganz abgesehen von der Frage der Bewährung der Höchstpreise 
hat dieser Vorschlag das gegen sich, daß eine generelle Spannung in Einzelsä.len keine 
ausreichende Entschädigung ist, in anderen Fällen wiederum unverhältnismäßig groß ist 
und darum doch keine Ausschaltung überflüssiger Zwischenhandelsglieder bewirkt. Gegen 
eine gesetzliche Festlegung der beiden hier besprochenen Lösungen würde sich mit aller 
Bestimmiheit der Sturm der Besorgnisse seitens des legitimen Handels, andererseits die 
Fülle der Umgehungsformen erhoben haben. 
Im übrigen wird die Beunruhigung der Handelskreise über die fehlende Begriffs- 
bestimmung des Kettenhaudels durch die Lage auf dem Lebens= und Futtermittelmarit 
wesentlich gegenstandslos gemacht. Tatsächlich braucht der Warenbesitzer sich heule die 
Abnehmer nicht mühsam zu suchen, es gibt eine stets aufnahmewillige Abnehmerschicht, 
die lohnende Preise bietet: und das sind die großen Massen der Verbraucher, bew. der an 
den letzten Verbraucher verlausenden Händler. Wendet sich der Warenbesitzer an diese 
Abnehmer, oder doch an solche Personen, die die Waren sofort in Verbrauch führen, dann 
vermeidet er einerseits die Gefahr, verbotenen Kekttenhandel zu treiben, andererseits leitet
	        
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