Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Met. geg. irreführende Bezeichnung von Nahrungs= u. Genußmitteln v. 26. Juni 1916. 223 
eine genaue Prüsung der Menge und Güte vor dem Ankaufe also unmöglich ist —, steht 
der Inhalt der Packungen zu dem geforderten Preise oft in starkem Mißverhältnis. Recht 
näusig sind solche Fälle beispielsweise bei Konserven. Die Verfolgung der Übervorteilung 
nach den bestehenden Verordnungen ist durch das Fehlen kennzeichnender Angaben sehr 
erschwert. — Die Preiserhöhung auf Lager befindlicher, zu früheren, billigeren Preisen 
ringekaufter Waren ist, auch wenn neu erzeugte Waren gleicher Art teurer werden, durch 
nichts gerechtfertigt, wird aber leider ziemlich allgemein geübt; dem Händler werden 
von den Produzenten zu diesem Behufe oft sogenannte „Uberklebezettel“ zur Verfügung 
gestellt. Nach der neuen Verordnung ist solche Preissteigerung unter allen Umständen 
verbolen und strafbar. 
12. Bekanntmachung gegen irreführende Bezeichnung von 
Nahrungs= und Genußmitteln. Vom 26. Juni 1916. 
(R#l. 588.) 
Der Bundesrat hat folgende Verordnung erlassen: 
§ 1. Wer Nahrungs= oder Genußmittel unter einer zur Täuschung geeigneten 
Bezeichnung oder Angabe anbietet, feilhält, verkauft oder sonst in den Verkehr 
bringt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu ein- 
tausendfün fhundert Mark oder mit einer dieser Strasen bestraft. 
Neben der Strase kann auf Einziehung der Gegenstände erkannt werden, auf 
die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten 
gehören oder nicht. 
Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung 
auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Bekannt- 
machung wird im Urteil bestimmt. 
§2. Diese Verordnung tritt mit dem 3. Juli 1916 in Kraft. Der Reichskanzler 
bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens. 
Begründung. (D. N. IX 10.) 
Auf dem Lebensmittelmarkte sind im Laufe des Krieges fortgesetzt neuc Erzeugnisse 
ufgetaucht, die weder „nachgemachte“ noch „verfälschte“ Lebensmittel im Sinne des 
Nahrungsmittelgesetzes sind, die aber unter irreführenden Angaben über ihren Nähr-, 
Genuß= oder Gebrauchswert in den verschiedensten Formen angekündigt und vertrieben 
werden. Sie fanden bei der Zevölkerung als Ersatz für manche gewohnten Nah- 
rungsmittel leicht Eingang, auch zu unverhältnismäßig hohen Hreisen, wurden 
ober im Gedbrauch oder Verbrauch bald als minderwertig erkannt und haben Anlaß 
zu bitteren Klagen, auch in Dolksvertretung und Hresse, gegeben. Als Liebesgaben 
in das Feld gesandt, haben solche Kriegserzeugnisse mit Recht Entrüstung hervorgerufen 
und in weiten Kreisen das Verlangen nach wirksamem Schutze gegen diese Art der 
Täuschung und Ausbeutung geweckt, der mit Hilfe der bestehenden Gesetze nicht genügend 
beizukommen ist. Das Nahrungsmittelgesetz insbesondere versagt, weil es, abgesehen 
von den Fällen seines §& lo Ur. 2, dem Derkäufer in der Wahl der Angaben oder Ze- 
zeichnungen, unter denen er das Erzeugnis empfiehlt oder vertreibt, keine Schranken 
setzt. Diese schon im Frieden empfundene Lücke hat in Übereinstimmung mit dem Stand- 
punkt, den der Reichs-Gesundheitsrat in der Sache eingenommen hat, die Bek. v. 26. Juni 
1916, die in Anlehnung an §# 10 Nr. 2, K 11, 15, 16 des Gesetzes v. 14. Mai i829 (RGBl. 
155) denjenigen mit Strafe bedroht, welcher Mahrungs= oder Genußmittel unter einer 
zur Täuschung geeigneten Zezeichnung oder Angabe anbietet, feilhält, verkauft oder 
sonst in den Verkehr bringt. Die Vorschrift trifft damit alle Arten von Bezeichnungen 
und Angaben, gedruckte und mündliche, mögen sie öffentlich oder im Einzelverkehr auf- 
kreten, und erstreckt sich außer dem Verkaufen, Feilhalten und dem sonstigen Inverkehr=
	        
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