230 C. Handelssachen und Gewerbliches Eigentum.
b) Verfügung des preuß. Handelsministers vom 31. März 1916.
(HMVBl. 85,)
Im Anschluß an die Ausführungsbestimmungen des Herrn Reichskanzlers vom
30. März 1916 über die nach der Bekanntmachung über Preisbeschränkungen bei Ver-
läufen von Web., Wirk= und Strickwaren vom 30. März 1916 zu errichtenden Schieds.
gerichte (Ronl. 216/129) ordne ich das Folgende an:
1. Die Bildung der Schiedsgerichte ist alsbald einzuleiten; sie hat bis spätestens
zum 25. April d. Is. zu erfolgen.
Die Errichtung der Schiedsgerichte ist von den Handelsvertretungen in dem
für ihre amtlichen Mitteilungen bestimmiten Blatle zu veröffentlichen.
Die Zuweisung der zu keinem Handelsvertretungsbezirke gehörenden Orte zu dem
Schiedsgerichte der nächsten Handelsvertretung sowie de Vestimmung darüber,
ob für die Bezirke mehrerer Handelsvertretungen nur ein Schiedsgericht zu
bilden ist, wird den Oberpräsidenten, für den Regierungsbezirk Sigmaringen
dem Oberpräsidenten der Rheinprovinz übertragen.
3. Die Ernennung und Verpflichtung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts und
seines Stellvertreters erfolgt durch den Regierungspräsidenten, in Berlin durch
den Oberpräsidenten. «
Der Vorsitzende und sein Stellvertreter sollen die Besähigung zum Richter-
amt oder zum höheren Verwallungsdiensie besitzen.
4. Für Berlin und diejenigen Gemeinden in der Umgebung Berlins, die nicht nur
einer Handelskammer, sondern auch der Korporation der Berliner Kaufmann.
schaft zugehören, ist das Schiedsgerich! bei den örllich zuständigen Handelskammern
(Berlin und Potsdam, Sitz Berlin) zu errichten.
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c) Richtlinien für die auf Grund der Bekanntmachung über
Preisbeschränkungen bei Verkäufen von Web-, Wirk= und
Strickwaren vom 30. März 1916 (RE#l. 214) errichteten
Schiedsgerichte (§ 4 Abs. I der Bekanntmachung).
Vom 13. April 1916. (3Bl. 82.)
1. Die mit der Kriegsdauer wachsende Knappheit an Textil-Rohstoffen und
die dadurch notwendig gewordenen Maßnahmen der Heeresverwaltung zur Sicher-
stellung und Streckung der vorhandenen Vorräte haben zu Preissteigerungen in
Textilwaren geführt, welche stellenweise wucherischen Charakter angenommen
hatten. Die Festsetzung von Höchstpreisen für Erzeugnisse der Texlilindustrie er-
scheint kein geeignetes Mittel, Preistreibereien zu bekämpfen, da die in Betracht
kommenden Waren zu mannigfaltig sind. Deshalb ist im § 1 Abs. 1 der Verordnung
eine allgemeine Preisbegrenzung in anderer Weise vorgesehen.
Den Schiedsgerichten liegt es ob, dafür zu sorgen, daß die im & 1 Abs. 1 ge-
steckten Grenzen nicht überschritten werden (§ 2 Abs. 1 der Verordnung, erster Fall).
Die Verordnung ermächtigt und verpflichtet sie aber, auch darlüber hinaus, zu
prüfen, ob ein Preis, der sich innerhalb der Grenzen des § 1 Abs. 1 hält, gleichwohl
unangemessen ist (7 2 Abs. 1 der Verordnung, zweiter Fall). Neben der nachprüfen-
den Tätigkeit ist den Schiedsgerichten im 3 3 die Aufgabe zugewiesen, die Parteien
auch vor Abschluß des Kaufes bei Ermittlung des angemessenen Preises zu beraten;
es wird ihre Sache sein, gerade diese Tätigkeit möglichst auszubauen. 1
Für die Zusammensetzung des Schiedsgerichts war die Besonderheit der ihnen
übertragenen Aufgaben maßgebend. Die Berufung von Beissitzern aus den Kreisen
des Gewerbes und Handwerkes soll gewährleisten, daß im Rahmen der Verord-
nung und der Richtlinien die vielgestaltigen Handelsgebräuche, wie überhaupt