Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Ges. üb. vorbereitende Maßnahmen zur Besteuerung der Kriegsgewinne v. 24.Dez. 1915 303 
pder eines Bundesstaats anzulegen ist (§ 8 Abf. ). Eine gleiche oder ähnliche Vorschrift 
ist in der Offentlichkeit schon wiederholt auch für den gesetzlichen Reservefonds der AG. 
gesordert worden. Insoweit sich aber bei der Aufstellung der Bilanz für das zweite oder 
dritte Kriegsjahr ein Kursverlust an jenen Anlagewerten ergibt, steht auch der Sonder- 
rüclage die Gesamtheit der übrigen Akliven Vdegenüber. Mit dem gesetzlichen Reserve- 
sonds der A. hat die Sonderrücklage es gemein, daß sie durch den Verlust in einem spä- 
eren Kriegsjahre sich in sich selbst berzehrt, und zwar noch vor dem gesetzlichen Reserve- 
jonds; ja schon ein „Mindergewinn“ in einem späteren Kriegsjahr verringert ohne weiteres 
zu einem entsprechenden Teile auch die Sonderrücklage (s 8 Abs. 4). Als echte Reserve 
unterliegt die Sonderrücklage der Einkommen- und Gewerbesteuer. Als solche kommt! 
sie auch für die Berechnung der Tantieme des Vorstandes und des Aufsichtsrats der AG. 
nach ## 237, 245 HG. in Beraacht. 
4. Mrozek a. a. O. 19. Die Sonderrücklage bleibt dauernd im Vermögen der Ge- 
. st4. 
eulchen Korsch a. a. O. 628. Indem das Gesetz der Verflüchtigung der aus den Gesell- 
schaflsanteilen erwachsenden Gewinne vorbeugen und diese Gewinne bei ihrer eigent- 
sichen Erzeugungsställe erfassen will, übt es einen Akt hoheitsrechtlichen Zwanges aus. 
Es wird ganz einfach kraft der Hoheitsgewalt des Staates bestimmt, daß ein gewisses Höchst- 
kapital aus dem Vermögen der Gesellschaft auszuscheiden hat und der freien Verfügung 
der Gesellschafl entzogen werden soll. Dadurch ist jedenfalls das eine klar: das wichtigste 
Kecht und die entscheidende Befugnis, wie sie der Begriff des Eigentums und der animus 
dowini mit sich bringen, ist hier für die Gesellschaft aufgehoben. 
Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes beweist, eine wie wesentliche Bedeutung 
man dieser gesetzlichen Verfügungsbeschränkung beigelegt hat. Während nämlich eine 
solche Bestimmung im Regierungsentwurfe nicht bestand und dementsprechend der Staals- 
sekretär des Reichsschatzamts in der Kommission die Anschauung vertrat, daß die beleiligte 
Gesellschaft die bezüglichen Werte z. B. lombardieren dürfe, war man in der Kommission 
anderer, die Rechislage vollkommen ändernder Ansicht. Die Verfügungsfreiheit wurde 
beseitigt, und an deren Stelle die Unfreihei#t in den Disposilionen gesetzt, mit der Maßgabe, 
daß auch über Zuwiderhandlungen dieser Art die Strafbestimmung schwebt. 
Damit ist eine Rechtslage geschassen, die mit dem Eigentum nichts mehr zu tun 
dat. Der Herrschaftswille und die Herrschaftsmöglichkeit ist der Gesellschaft entzogen, 
und an ihre Sielle tritt der Fiskus. Mit anderen Worten, die Reichsgewalt hat, wie in so 
vielen anderen Fällen, auch hier für Kriegszwecke eine Enteignung vorgenommen und 
krast Verfügung von hoher Hand ein zivilrechtliches Verhältnis gemäß § 868 BGB. ge- 
schafsen. Der Fiskus ist demnach nunmehr Eigentümer geworden und ihm gegenüber die 
Gesellschaft nur auf Zeit zum unmittelbaren Besitz der Papiere als deren Fremdbesitzerin 
derechtigl. 
Die Gesellschaft ist lediglich Verwahrerin und Nutznießerin hinsichtlich des ein Fremd- 
vermögen darstellenden Kapitals. Das Eigentum des Fiskus ist andererseits mit gewissen 
Auflagen belastet, u. a. derjenigen, den durch die künftige Steuerforderung nicht in An- 
ituch zu nehmenden Teil des Sondervermögens und im Falle eines Mindergewinnes 
in einem Kriegsgeschäftsjahre gegenüber dem Durchschnitkt der Friedensjahre bei der end- 
gültigen Auseinandersetzung einen gewissen Teil des Sondervermögens an die Gesell- 
schaft zurückzuerstatten (§ 8 Abs. 4). 
6. Hachenburg, JW. 16 632. Ob man mit Korsch den Reichsfiskus sofort für den 
Gigentümer der Sonderrücklage hält oder nur einen Anspruch desselben darauf anerkennt, ist 
wurkschaftlich unerheblich. Die Reichsanleihe, aus welcher die Rücklage gebildet ist, gehört 
icht mehr zum Vermäögen der Gesellschaft. Man kann nun aber einen Eigentumsdber- 
gang doch nur dann annehmen, wenn hierzu das Gesetz selbst eine Grundlage bietet. Hier- 
* fehlt es. Daher bleibt nichts anderes übrig, als den Fiskus lediglich als Gläubiger an- 
zusehen. Freilich nicht als Gläubiger auf Zahlung einer bestimmten Summe. Das ist er 
heute noch nicht. Er ist aber Gläubiger insofern, als ihm ein Anspruch aus Ausfolgung der
	        
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