Kriegssteuergesetz vom 21. Juni 1916. 319
der Bil ligkeit, daß auch etwaige Verluste des Steuerpflichtigen ausgleichende Berück-
sichtigung finden.
Eine Besteuerung der Kriegsgewinne, die den erwähnten Anforderungen Rech-
nung tragen will, muß notwendigerweise an die Entwicklung des Dermögens oder
einkommens während der Kriegsjahre anknüpfen. Eine Anlehnunz an be-
stehende Steuern ist deshalb geboten, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuer-
pflichtigen vor dem Kricege zum Vergleiche heranzuzieben sind, und ans diesem Grunde
die Veranlagung der Kriegsgewinnsteuer auf früheren Stenerveranlagungen auf-
banen muß. 1
Die Zesteuerung der Kriegsgewinnc in der Form der Dermögensbesteuerung
führt zur Vermögenszuwachssteuer, die Besteuerung der Kriegsgewinne in der Form
der Einkommensbesteuerung weist auf eine Sonderbesteuerung der Einkommensver-
mehrung (Steuer duf das Mehreinkommen). In beiden Formen der Zesteuerung.
können die gesamten wirtschaftlichen Derhältnisse des Steuerpflichtigen, die in seiner
vermögenslage oder in seinen Einkommensbezügen in die Erscheinung treten, in der
denkbar höchsten vollkommenheit berücksichtigt werden, in der weise, daß die Steuer
nur diejenigen, aber auch alle diejenigen erfaßt, die während des Krieges und trotz des
Krieges in der Lage gewesen sind, ihre wirtschaftlichen Derbältnisse wesentlich zu ver-
bessern. Eine solche Steuer entspricht durchaus den Anforderungen, die vom Stand-
punkt einer gesunden und gerechten Steuerpolitik an sie zu stellen sind. Sie ist eine
Steuer, aufgebaut auf dem Grundsatz der LTeistungsfähigkeit, nur berücksichtigt sie nicht
die Leistungsfähigkeit schlechthin, sondern die während und trotz des Krieges ge-
steigerte Leistungsfähigkeit.
Die Krieg#egewinnbestenerung soll dem Reiche nutzbar gemacht werden. Der
Anspruch des Reichs auf diese Einnahmegnelle ist wohl allgemein anerkannt.
Soll das Reich der Träger des Steueranspruchs sein, so entscheidet sich damit
praktisch auch die Frage nach der Art der Durchführung der Kriegsgewinnbesteuerung.
Durch das Wehrbeitragch. und das Besitzsteuer G. (Dermögenszuwachssteuer G.) sind
die Wege gewiesen. Die Steuer wird zweckmäßigerweise für die Einzelpersonen
als eine besondere Abgabe auf den Vermögenszuwachs auszugestalten sein. Für die
Bestenerung der Gesellschaften bat das Gesetz über vorbereitende Maßnahmen zur
Besteuerung der Kriegsgewinne v. 24. Dej. 1915 (RBl. 832) die Grundlagen ge-
schaffen.
A. Steuerpflicht der Einzelpersonen.
Für die Einzelpersonen stellt sich die Kriegsgewinnstener dar als eine besondere
Abgabe auf den in der Seit v. 1. Zon. lolk bis zum 51. Dez. 1016 entstandenen Her-
mögenszuwachs (Kriegsvermögenszuwachssteuer).
a) Gegenstand der Abgabe ist grundsätzlich der nach den Dorschriften des
Besitzsteuergesetzes festgestellte Vermögenszuwachs.
von diesem Dermögenszuwachs ist jedoch abzuziehen das Dermögen, das durch
Erbanfall oder durch einen sonstigen Erwerb von Todes wegen von einem Verstorbenen
an dessen Erben oder andere Berechtigte übergegangen ist, es sei denn, daß es sich um
Vermögen handelt, mit dem der Verstorbene selbst kriegsgewinnsteuerpflichtig gewesen
wäre, wenn er auf den Seitpunkt seines Todes zu der Abgabe zu veranlagen gewesen
sein würde (§ 3 Abs. 1 AUr. 1 und Abs. 2 des Entw.). Es bedarf keiner weiteren Aus-
führungen, daß für die Besteuecung der Erbschaften andere Erwägungen niaßgebend
sind und sein müssen als für die Besteuerung der Kriegsgewinne.
Den Erbanfällen stellt der Entw. gleich Mapitalsauszaklungen aus einer Ver-
lccherung ( 5 Abs. 1 Nr. 2 des Entw.), Schenkungen und sonstige Dermögensübergaben
unter Lebenden (§ 5 Abs. 1 Ur. 3 des Entw.) und das nur steuerlich, nicht wirtschaftlich
als Vermögenszuwachs in Erscheinung tretende Vermögen, das aus der Umwandlung