Kriegssteuergeseh vom 21. Juni 1916. 367
erbessern. In dem Falle, in dem ein Eink.zuwachs durch eine dauernde Dermögens-
thädigung aufgezehrt werde, sei eben während des Kriegs keine Derbesserung im Ge-
sanresaltat eingetreten, sondern eventuell eine Verschlechterung. Damit falle aber
die ratio der Besteuerung nach seiner Ansicht weg.
Wenn man überhaupt bei dem Prinzip der Vorlage bleiben und auf diesem
Boden eine so allgemeine Besteuerung durchführen wolle, dann halte er es für un—
denkbar, neben der Dermögenszuwachssteuer und ganz unabhängig von ihr, ganz un-
ubhängig davon, ob nicht eine erhebliche Dermögensverminderung eingetreten sei,
eine Eink.zuwachssteuer zu schaffen. Eine derartige Regelung werde auch in die Der-
rältnisse unserer industriellen Betriebe erheblich eingreifen. Es sei gar keine Frage,
dat manche Industrie — er exemplifiziere nicht zum erstenmal gerade auf die Textil=
industrie — unter sehr sprunghaften Verhältnissen während der Kriegszeit gestanden
pabe. Zei der Textilindurstie sei im ersten und zweiten Geschäfisjahr während des
Kriegs gut verdient worden, im dritten Geschäftsjahr von dem einen oder anderen
Umernehmen auch noch, von der Mehrheit jedoch nicht. Wenn nun auch angesichts
der Tatsache, daß die Textilindustrie ihre Bestände zu sehr guten Hreisen liquidieren
und realisieren konnte, die Cextilindustrie mit ganz erheblichen Beträgen unter die
vermögenszuwachssteuer fallen werde, so werde es dock vielfach vorkommen, daß
wotz anfänglichen guten Derdienstes ein Unternehmen am Ende des Kriegs nicht besser,
rielleicht sogar schlechter stehe als zu Beginn desselben. Er erinnere an die starke Ab-
nuzung der Maschinen und an die schweren Wirkungen, die durch das Stillegen des
Betriebs herbeigeführt werden und sich auch nach dem riege noch zeigen würden.
Es könne also sehr wohl vorkommen und werde in zahlreichen Fällen vorkommen, daß
zwar ein Eink.zuwachs während des Kriegs vorhanden sei, daß aber im großen und
ganzen eine Dermögensminderung vorliege. Diese Zedenken schienen ihm in der Tat
für die wirtschaftlichen Wirkungen des Gesetzes von der allergrößten Tragweite zu sein.
was sodann die technische Durchführung anbelange, so sehe der Antrag Nr. 241
allerdings viel einfacher aus als die Regierungsvorlage. Aber diese Einfachheit, sei
nur Schein; denn der Antrag habe die Uonsequenz, daß jetzt während des Kriegs be-
bufs Erhebung der Kriegsgewinnsteuer wieder neue Steuerveranlagungen gemacht
werden müßten. Es müßte grundsätzlich das Eink. eines jeden Steuerpflichtigen für
drei Friedensjahre und drei Kriegsjahre, also für sechs volle Jahre neu veranlagt werden.
Wolle man nicht ein vollständiges Einksteuerch. in den Entw. hBineinarbeiten — was
eine offensichtliche Ummöglichkeit sei —, so bleiben als einzige Grundlagen die einzel-
staatlichen Steuergesetze mit all ihren DPerschiedenheiten, auf die man sehr wohl Rück-
sicht nehmen müsse. Eink. sei kein Begriff, der von vornherein genau und klar abge-
grenzt sei, sondern sei das, was die Steuergesetze der einzelnen Staaten als Eink. be-
zeichnen.
Auch der § 16 der Vorlage bedeute keine Durchbrechung des Hrinzips, auch er
habe die landesrechtliche Einksteuerveranlagung und den landesgesetzlichen Einkbegriff
zur Voraussetzung. Man habe im §& 16 nur vorgesehen, daß für alle diejenigen Einkteile,
die aus besonderen Gründen — die wichtigsten Fälle hängen mit der sogenannten
Guellentheorie zusammen — nicht unter die landesgesetzliche Besteuerung fielen, nach-
trägliche Festsetzungen stattfinden könnten. Das sei aber nur für einen ganz kleinen
Zruchteil der sämtlichen Steuersubjekte möglich. Er möchte einen ganz krassen Fall
nehmen: es hat sich jemand im Jahre 1014 als Vermittler aufgetan oder in seinem
Geschäft infolge des Krieges glänzende Geschäfte gemacht und ein erhebliches Der-
mögen verdient; nun ziehe er sich vor Beginn des Steuerjahrs lols in das Hrivatleben.
zurück. In diesem Falle sei die Einkquelle in Wegfall gekommen. Der Mann brauche
nach dem preußischen Steuergesetz die Einnahme des Jahres lol# nicht als Eink. für
das nächste Jahr zu deklarieren, sondern das mutmaßliche Eink, des Jahrs 1915, das
tatsächliche Eink. des Jahrs lol werde nicht veranlagt.
Das sei der Hauptfall, der in & 16 herangeholt werden solle, aber nicht der einzige