Kriegssteuergesetz vom 21. Juni 1916. 423
eigt hat, ihm durchaus nicht überraschend; denn wenn das Reich jetzt die enorme Summe
von rund 40 Milliarden für den Krieg ausgegeben hat, und wenn er auf der anderen
zeite sich ein Bild machen wolle von dem wirklichen Substanzverlust der Dolkswirt-
schaft, so komme er zu dem Resultat, daß der wirkliche Derlust nicht die Hälfte von dem
erreiche, was der Krieg an Ausgaben veranlaßt habe. Alles das habe sich zu Dermögen
verdichtet, und zwar nicht nur in den oberen, sondern auch in den unteren Schichten.
Gewiß nicht überall gleichmäßig. ZKätte diese Vermögensvermehrung sich überall gleich-
mäßig vollzogen, dann stünde man vor erheblich einfacheren Aufgaben.
Eine Ertragsschätzung vermöge er nicht zu geben, das wäre ein Griff ins Dunkle.
Aber er wolle daran erinnern, daß vor dem Kriege das deutsche Dolksvermögen einen
Bemrag von 300 Milliarden erreicht, sogar zweifellos überschritten habe. Rechne man
davon das staatliche Dermögen, das hier herausbleibt, das Kommunalvermögen usw.
ab, dann komme man wohl auf eine recht erbebliche Summe. Auch wenn man diejenigen
ve#rmrögensbestandteile, Mobiliar usw., die nicht der Bestenerung unterliegen, nicht hin-
zurechne, werde man immerhin in die Rähe von 250 Milliarden, sagen wir, um sicher
zu gehen, auf 200 Milliarden kommen.
NHun die Vermögensverminderung! Auch darüber wolle er versuchen sich ein
VBild zu machen. Am besten sei sei wohl zu kontrollieren bei den mobilen VDermögen.
von den festverzinslichen Wertpapieren, die er kenne, haben eigentlich nur die drei-
prozentigen, deren Anzahl ja relativ nicht zu groß sei, eine Verminderung um über 10
Hrozent erfahren. Wenn man die vierprozentigen Kommunalpapiere und die vierein-
halbprozentigen Industriepapiere nehme, so bleiben diese wohl innerhalb der Grenze,
und wenn man, wie er boffe, in diesem Jahre mit dem lriege zu Ende komme, wenn
man am 31. Dezember Frieden habe, dann, glaube er, werde nur bei einem relativ
kleinen Teile der Dermögen eine Derminderung um mehr als 10 Hrozent eingetreten
sein. Rechne man dann den vorgeschlagenen Steuersatz auf die vorhandenen Der-
mögen um, so werde man recht erheblich über die Sahl hinauskommen, die der Vor-
redner für diese Belastung genannt habe.
Er könne also nach keiner Richtung hin zugeben, daß das, was jetzt hier angeboten
sei, gekünstelt und ein Derlegenheitsansweg sei und nichts bringen werde.
Er wiederhle: die verbündeten Regierungen haben sich nur schwer zu dem Kom-
promiß entschlossen. Aber, nachdem sie es getan haben, werden sie es nach links wie
nach rechts vertreten.
Nun nötigten ihn die Ausführungen des Vorredners aber, noch mit einigen Wor-
ten auf das andere Gebiet, auf das Gebiet der indirekten Bestenerung einzugehen.
Für die verbündeten Regierungen sei die — alles in allem genommen — sehr erbebliche
Mehrbelastung auf dem Gebiete der direkten Besteuerung an die Doraussetzung ge-
knüpft gewesen, daß dann auch das Ergebnis der vorgeschlagenen indirekten Stenern
diejenige Steigerung erfahre, die durch den Umtausch des OQuittungsstempels gegen
die Umsatzsteuer nach den Beschlüssen der Steuerkommission herbeigeführt werde.
Leider sei diese Dermehrung durchaus nicht so groß, wie der Dorredner annebhme. Er
sei zu dem Resultat gekommen, daß in Friedenszeiten vielleicht mit einem Ertrage von
250 Millionen zu rechnen sei, vielleicht auch mit 300 Millionen, jetzt in der Kriegszeit
und auch in der ersten Seit nach dem Kriege, wo man mit einer erheblichen VDerminde-
rung der Umsätze zu rechnen haben werde, sicher bedeutend weniger. Sweitens werde
die Vermehrung, die der Vorredner sehe, nicht in dem Umfang eintreten, weil man
bei verschiedenen Abgaben recht erhebliche Abstriche gemacht habe, die allein bei der
Redubtion des Stückgutstempels von 15 und 30 auf 10 und 20 Pfennig eine Vermin-
derung um etwa 14 Millionen erwarten lassen; bei der Hostverwaltung bedinge die
herabsetzung des Fuschlags für das Telephon von 20 auf 10 Hrozent einen erheblichen
Ausfall. Also so groß, wie man glaube, werde die Permehrung auf keinen Fall sein.
Und was das laufende Jahr anlange, — nun, man babe länger über die Steuern be-
talen, als er angenommen hätte, und die Folge sei, daß die Stenern später in Wirk-