Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

648 F. Beschaffung u. Verteilung d. Arbeitskräfte. Arbelierschutz. Kriegswohlsahrtspslege ujw 
das Opfer schrecklicher Verheerungen und Zerstörungen an beweglichem und und 
weglichem Gute. Besonders die im östlichen und südlichen Ceile der Provinz befind- 
lichen Ortschaften wurden durch sFstematische, von Haus zu Hous bewerkstelligte Brand- 
legung in einen Crümmerhaufen verwandelt, die Einwohner in großer Fahl nach Kux 
land weggeschleppt und viel kostbares bewegliches Eigentum, insbesondere fast an. 
landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen, vernichtet oder aus der Hrovinz weggeführn 
Durch die beiden Russeneinfälle wurden zerstört: 21 Städte, 600 Dörfer, ungefähr 
500 Güter und 34000 Gebäude; rund lovooo Wohnungen wurden gänzlich und ebenso 
viele teilweise ausgeplündert. 22 Kirchen, 25 Hfarrhäuser und 133 Schulgebäude 
wurden zerstört. Der Derlust an HPferden allein beträgt rund 90000 Stücd. " 
Trotzdem war es der Regierung unter Beihilfe der Landwirtschaftskammer ge- 
lungen, erhebliche Mengen von Dieh und Pferden nach den westlichen Gebieten und 
gesicherten Teilen der Hrovinz abzutransportieren. 
Die staatliche Hilfe für die schwer heimgesuchte Hrovinz setzte bereits während 
des ersten Einfalls ein. « 
Die Maßnahmen der Preußischen Regierung beruhen auf dem Allerhöchsten 
Erlasse vom 27. Aug. 13, in welchem das Hreußische Staatsministerium beanftragt 
wurde, auf den verschiedenen Gebieten der Fürsorge durchgreisende Maßnahmen zu 
treffen, und auf dem Allerhöchsten Erlasse vom 24. Sept. 14, der anordnete, daß un- 
verzüglich die zur Feststellung der Kriegsschäden erforderlichen Mahnahmen getroffen 
und mit hHilfe bereitzustellender Mittel den geschädigten Bewohnern der Hrovinz einst- 
weilen die Führung ihres Hauskalts-, Wirtschafts= und Gewerbebetriebs ermöglich 
werden sollte. Zur Beratung der Staatsbehörden bei der Erfüllung dieser Aufgabe 
wurde die Einsetzung einer Mriegshilfskommission für die Hrovinz GOstpreußen ange- 
ordnet. ' 
NachdemdurchGeietzvom10.Uov.H(PtGS.(73)imKönigkeichPreußen 
für 1914 erhebliche Mittel bereitgestellt waren — es wurden in der Begründung als 
zunächst für die Linderung von Kriegsschäden erforderlich 400 Millionen Mark be- 
zeichnet —, wurde nach Anhörung der llriegshilfskommission für Ostpreußen mit Erlaß 
des Königl. Hreuß. Staatsministeriums vom 18. Jan. 15 die in der Anlage abgedruchte!) 
„Anweisung über die vorläufige Ermittlung von Mriegsschäden und die Gewährung 
einer stactlichen Dorentschädigung in den durch den Krieg unmittelbar bedrohten LKandes- 
teilen“ erlassen. 
Zum Swecke der Ermittlung des Schadens wurden in jedem .reise sogenannte 
Kriegshilfsansschüsse unter dem Dorsitz des Landrats oder Bürgermeisters gebildet, 
deren Mitglieder vom Kreisausschuß — in Stadikreisen vom Magistrat — gewählt 
und vom Regierungspräsidenten bestätigt wurden. Sie schätzten die Schäden ab und 
äußerten sich gutachtlich zu den Anträgen der Geschädigten auf Vorentschädigung. 
Die Feststellung der Dorentschädigung erfolgt bis zum BZetrage von 5000 M. 
durch den Landrat, in Stadtkreisen durch den Oberbürgermeister; höhere Beträge sehr 
der Regier ungspräsident fest. Die Abschätzung aller an Gebänden entstandener Nriegs- 
schäden wurde der Feuersozietät der Hrovinz Ostpreußen übertragen, ebenso die Ab- 
schätzung der Schäden an beweglichen Sachen (Wohnungseinrichtung, Inventar, Ge- 
treidevorräte, Mieh ufw.) insoweit, als dieselben bei der Feuersozietät versichert waren. 
An Vorentschädigungen sind bis I. März 16 auf 635677 gestellte Anträge im ganzen 
427%686640 M. ausgezahlt, davon im Regierungsbezirke Gumbinnen 222 784711 M., 
im Regierungsbezirke Hönigsberg 82 102896 M., im Regierungsbezirk Allenstein 
12508 1051 M. 
Die Gesamtschäden werden, soweit bisher ersichtlich, auf 11¼ bis 1½ Milliarde 
Mark geschätzt. 
1) Die Anweisung ist n Bd. 2, 360 ff. abgedruckt. Don einem nochmaligen Abdruck wird desd#ole 
abgeseben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.