Gesetz über die Feststellung von Kriegsschäden im Reichsgebiete vom 3. Juli 1916. 651
griffs der vom Feinde unmittelbar bedrohten Gebiete und auf die lange Dauer des
Krieges durch eine ausdrückliche Bestimmung Vorkehr dagegen zu treffen sein, daß
nicht Schäden, die allein dursh Matnrereignisse, wie Zlitzstrahl, Hochwasser u. dgl.,
oder auch durch gemeinen Diebstabl entstehen, als Kriegsschäden behandelt und vergütet
werden, ohne daß sie irgend etwas mit dem Mriege zu tun haben. Dem Umstand, daß
in jenen Gebieten während der feindlichen Bedrohung auch die Abwehr und die Ein-
dämmung solcher Schäden den Zeteiligten erschwert, unter Umständen sogar unmög-
lich gemacht ist, wird insofern Rechnung getragen, als beim Vorliegen dieser Doraus-
setzung ein Susammenhang, zum mindesten des Umfanges des Schadens, mit dem
Kriege anzuerkennen sein wird. Mur wo keinerlei Susammenhang mit dem Kriege
besteht, soll der Ersatz als Kriegsschaden entfallen. Eine Beweislast trifft den Geschä-
digten nicht. Das Fehlen des Susammenhanges muß vielmehr ihm nachgewiesen
werden, soweit es nicht klar zutage liegt.
nach # 2 Mr. 3 sollen ferner die durch die Flucht, Abschiebung oder Derschlep-
pung der Bevölkerung oder die Wegschaffung ihrer Hhabe verursachten Sachschäden
als Kriegsschäden gelten. Hierunter sollen auch Schäden fallen, die durch unerlaubte
oder eigenmächtige Handlungen der Flüchtlinge oder durch das von ihnen mitgenom-
mene Dieh verursacht sind, ferner auch Schäden an Grundstücken und zurückgelassenen
Gegenständen, sofern sie auf die mangelnde Aufsicht oder Fürsorge während der Ab-
wesenheit der Bevölkerung zurückzuführen sind.
Die Derminderung des Substanzwerts ländlicher Grundstücke infolge der Der-
schlechterung des Feldinventars muß als unmittelbarer Sachschaden angesellen werden.
Im übrigen werden zahlreiche Sweifel derüber bleiben, welche Schäden im einzelnen
unter das vorliegende Gesetz fallen. Den Begriff der Uriegsschäden im Gesetze schärfer
zu umgrenzen, erscheint nicht möglich. Dies muß vielmehr der Hraxis der Feststellungs-
behörden überlassen bleiben, wobei insbesondere der Reichsausschuß für eine einbeit-
liche Handhabung des Gesetzes zu sorgen haben wird; daneben soll auch der Zundesrat
die Zefugnis besitzen, für die Abgrenzung nähere Grundsätze aufzustellen, insbesondere
darüber, was als „kriegerische Unternehmungen“ anzusehen ist und welche Gebiete als
vom Feinde „unmittelbar bedroht“ gelten sollen.
Aufwendungen und Auslagen, die den Bundesstaaten oder Gemeinden durch
Abschiebung der Bevölkerung und Unterbringung der Geflüchteten entstanden sind,
können in diesem Gesetze, das nur Sachschäden betrifft, keine Berücksichtigung finden.
Zu #& 51). Hier wird die Höhe des Schadens bestimmt, die der Feststellung zu-
grunde gelegt werden soll. Bei Dernichtung der Sache wird der volle Wert, bei Be-
schädigung die Wertminderung festgestellt.
Die Bestimmung des Gesetzes von (871, nach der der Wert zu dem Seitpunkt,
in dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, maßgebend sein soll, konsst nicht über-
nommen werden. Damals spielten bei der kurzen Dauer des MKrieges die Wertsteige-
rungen während des Krieges nur eine geringe Rolle; Friedenspreis und Wert zur
Feit der Ferstörung deckten sich in den meisten Fällen. Im gegenwärtigen Kriege ist
jedoch die Wertsteigerung für die meisten in Frage kommenden Gegenstände eine er-
hebliche geworden. Sie muß deshalb innerhalb angemessener Grenzen eine Berück-
sichtigung finden. Andererseits würden bei Ersatz des Wertes zur Geit der Zeschädigung
in vielen Fällen rein rechnerische Wertsteigerungen, die als Wirkungen des Krieges
bis zum Eintritt des Kriegsschadens erfolgt sind (Nonjunkturgewinne), dem Geschädigten
zugnte kommen. Dies entspricht weder der Billigkeit noch der Absicht dieses Gesetzes,
das Aussicht auf Ersatz unmittelbaren Sachschadens, nicht aber auf Vergütung ent-
gangenen Gewinns eröffnen will. Daher soll grundsätzlich der normale Friedenspreis
v ) Abt. 2 hatte iem Entw. folgende KFassung: Sofern der Wert der Sache zur Seit des schädigenden.
Kreignisses den Friedenswert überstieg, oder die nolwendige Erfaszbeschaffung höhere Uosten erforderr,
kann ein angemessener Juschlag zu dem Friedenswerte festgesetzt werden. Das Nähere über die Doraus-
letungen und die Grundsäte für die Bemessung der Suschläge bestim'itt der Bundesrat.