660 F. Beschaffung u. Verteilung d. Arbeitskräfte. Arbeiterschutz. Kriegswohlfahrtspflege usw
sollten. Es wurde geklagt darüber, daß besonders im Elsaß die Ermittlung des Schadens
außerordentlich langsam vor sich ginge. Das Elend im Elsaß, besonders der Abgescho.
benen, sei sehr groß. Zei vorgebrachten Ansprüchen oder bei Bitten um Hilfe gebe en
unglaubliche Derzögerungen, indem die Interessenten von einer Behörde an bie anders
verwiesen werden und wohlhabende Leute durch dieses Verfahren oftmals gezwungen
sind, von der Wohltätigkeit Dritter und von Armenunterstützungen zu leben. «
Ein Mitglied der Komm. konnte aus seiner privaten Erfahrung verschiedene
Beweise und Beifspiele derartiger Vorfälle vorbringen. «
Ein elsaß-lothringischer und zwei bayerische Abg. unterstützten diese Aus
führungen. Dabei wurde besonders noch gesagt, daß es im Elsaß möglich gewesen wäre
in hohem Maße die Schäden festzustellen. Die elsaß-lothringische Bevölkerung babe bei
der Langsamkeit des Verfahrens der bebördlichen Stellen sich mehr und mehr in den
Gedanken kineingelebt, daß man sie als Staatsbürger zweiter Mlasse ansehe. Seildem
Dreußen begonnen hat, alsbald nach dem Ausbruch des Mrieges und dem Einfall der
Russen in geradezu vorbildlicher Weise sich um die Hebung der Schäden zu kümmern
sei in Elsaß-Lothringen eine ungehenere Derbitterung hervorgerufen worden, weil
die Bevölkerung dort den Eindruck hatte, daß für sie nichts geschehe. Es könne nicht
geleugnet werden, daß auch diese Erfahrungen dazu mitgewirkt haben, die Reich--
treue der Bevölkerung und die Reichsfrendigkeit zu mindern. Durch derartige Unge-
schicklichkeiten seien unendlich viele ideelle Werte zerstört worden und sei ein Krieas-
schaden angerichtet worden, der kaum wieder zu beheben sein dürfte. Es handle sich
vor allen Dingen darum, durch die Stützen der inneren Stimmung der Bevölkeruna
in diesem kritischen Augenblicke des Urieges den Elsaß-Lothringern die Entscheiduna
ihrer Gesinnungen für die Jukunft zu erleichtern. Bedauerlicherweise hätten auch hier
die Militärbehörden nicht immer das richtige Derständnis gezeigt. ·
Es wurde noch ausgeführt, daß nicht nur Preußen, sondern auch Bayern und Baden
an diesen Schäden beteiligt seien, und es wurde darüber geklagt, daß besonders in der
Hfalz von seiten der Nreisleitung gar nichts geschehen sei, so daß eine große Benn-
ruhigung und VDerstimmung bei der Bevölkerung der geschädigten Orte zu verzeichnen sei.
Von Regierungsseite wurden die persönlichen Erfahrungen der Kommissions-
mitglieder durch sachliche Aufschlüsse erweitert, die den Umfang der Schäden sowohl,
wic die geleistete Hilfe dartun.
Aus der Loomm. war von verschiedenen Seiten der Wunsch geäußert worden,
genaucs zu erfahren über die bisher erfolgten Entschädigungen in Ostpreußen und in
Elsaß-Lothringen. Es wurden darauf folgende Aufschlüsse erteilt:
Über Hreußen berichtete ein Regierungskommissar aus dem Uöniglich
Dreußischen Ministerium des Innern. «
Was zunächst die freiwilligen Sammlungen angebe, so sei das Ministerium
nicht in der Lage, genaue Summen zu nennen, die nach Ostpreußen geflossen sind.
Sie seien aus allen Ganen des Daterlandes gekommen und die Arbeit sei im bestän-
digen Flusse gewesen. Eine Abrechnung sei noch nicht gemacht, und abschließende Be-
richte lägen noch nicht vor. Was aus allen Teilen des Deutschen Reichs gekommen sei,
sei nicht weit unter 10 Millionen Mark gewesen. Diese Mittel seien zum größten Teil
verbraucht für Swecke, für welche die staatliche HBilfsaktion nicht eintreten könnte oder
nicht eingetreten sei. Am 25= August lol wurde der erste Aufruf vom Oberbürger-
meister von Uönigsberg erlassen. Dann folgte der Kandeshauptmann der Hrooinz
Ostpreußen, nachher der Deutsche Städtetag, dann der Reichsverband Deutscher Städte
unter 25000 Einwohner, die sich alle an dieser Hilfe beteiligten. Wenn nun diese Mittel
in verschiedene Hände gelegt gewesen wären, hätte die Gefahr einer Derzettelung be-
standen. Infolgedessen sei Mitte September loltk in Königsberg ein Bauptausschuß
gegründet, unter dem Vorsitz des Gberpräsidenten. Dieser Bauptausschuß habe die
Grundsätze für die erteilung aufgestellt und zehn Sitzungen gehalten. Der Gber=
bürgermeister von Uönigsberg, die Regierungspräsidenten und der Landeshauptmann