734 H. Heeresversorgung.
welche der Verbrauch der Gegenstände für andere Zwecke als militärische insoweit ver-
hindert wird, wie es das Heeresinteresse gebietet. In der Tat geht auch nur ein Teil- der
beschlagnahmten Güter in den Besh des Heeres über. Und nur bezüglich dieses Teiles
kann eine Beschieunigung in der Abnahme und Bezahlung in Frage kommen. "
Im einzelnen ist je nach den Rohslossen, um die cs sich handelt, das Verfahren ver-
schieden gestaltet. So ist bei Web= und Wirlwaren angeordnel worden, daß, soweit sie
für Heereszwecke ungeeignet sind, die völlige Freigabe unverzüglich erfolgen soll. Das gilt
insbesondere von den sogenannten Sommerwaren. Andererseits ist es nicht angängig
sämtliche beschlagnahmten Waren von den Eigentümern zu übernehmen; es ist vielmehr
unvermeidlich, daß ein großer Teil der von militärischen Beschlagnahmen betroffenen
Güter in Verwahrung der Besitzer verbleibt. Die Vorräte bilden ja gerade die Reserven
für die Heeresversorgung bei noch längerer Dauer des Kriegszustandes. Daß badurch die
Besiher eine Beeinträchtigung erleiden, ist eine Tatsache, die im Interesse des einzelnen
zu beklagen, im Interesse der Gesamlheit aber unvermeidlich ist und als ein allgemeiner
Kriegsschaden getragen werden muß. Hinsichtlich des Umfanges der Entschädigungsmöglich-
keit darf auf § 4 Abs. 2 und 3 der Bek, über die Sicherstellung von Kriegsbedarf v. 24. Juni
1916 (RöOl. 357) ergebenst verwiesen werden.
Soweit die beschlagnahmten Güter, insbesondere Web und Wirkwaren, über-
nommen werden, geschieht die Ubernahme sowie die Auszahlung des Übernahmepreisez
mit so großer Beschleunigung, wie sie der Umfang der Geschäfte und die Knappheit des
Personals nur irgend zuläßt. Sollte sich die Auszahlung trotzdem ausnahmsweise ver-
zögern, so werden zur Verringerung des Nachteils den Betroffenen Zinsen bewilligt werden.
Es ist ferner in Aussicht genommen, in den Fällen, in welchen eine Einigung über den
Übernahmepreis nicht sofort zustande kommt und somit das Schiedsgericht für Kriegs-
bedarf angerufen werden muß, nötigenfalls Teilzahlungen zu bewilligen. Die Heeres-
verwaltung zahlt danach prompter, als dies im freien Handelsverkehr geschah, in dem lang-
zeitige Stundung vielfach geschäftsüblich war.
Der Anregung, die von Beschlagnahmen betroffenen Güter zu beleihen, vermag
das Kriegsministerium zu seinem Bedauern keine Folge zu geben. Abgesehen von der
unabsehbaren sinanziellen Tragweite und Belastung der Heeresverwaltung mit Ge-
schäften, die an sich nicht der Heeresverwaltung obliegen, erscheint die Beleihung auch
deswegen nicht durchführbar, weil die Heeresverwallung durch die Beschlagnahme noch
kein Pfandrecht erwirbt. Dagegen wird in der Regel vom Slandpunkt der Sicherstellung
des Heeresbedarfs auch nichts dagegen einzuwenden sein, daß der Eigentümer den be-
schlagnahmten Gegenstand durch die Darlehnskasse beleihen läßt; etwaigen Genehmigungs-
gesuchen wird in der Regel entsprochen werden können. Das Kriegsministerium ist mit den
zuständigen Stellen über die Beleihungsmöglichkeil in Verhandlung getretien.
8. JW. 16 973, LeipzZ. 16 1137 (Dresden VI). Die Beschlagnahme von Sachen
zu Kriegszwecken schließt die Pfändung der Sachen nicht aus, sondern hindert nur deren
össentliche Versteigerung. Zustimmend Kretzsschmar das. 973 gegen Hagelberg,
Gruchots Beitr. 60 86, 88; a. M. Gundlach, IW. 16 1101 unier Berufung aufs Workllaut
und Zweck der VO.; gegen Gundlach Friedländer, JW. 16 1405, gegen diesen wieder
Gundlach das. 1406.
9. Gundlach, JW. 16 1172. Die Beschlagnahme nach der BO. v. 24. Juni 1915
ist ein durchaus neues Rechtsgebilde. Sie ist ein Akt, der zwar privatrechtliche Wirkungen
auslöst, sich aber damit nicht erschspft. Sie schafft vielmehr in erster Linie ein öffentlich-
rechtliches Recht für die beschlagnehmende Stelle. Dieses Recht besteht nicht in einer
dem Eigentum oder Pfandrecht gleichen oder ähnlichen Befugnis, auch nicht in einem
Aneignungsrecht, sondern in dem Recht, negativ zu verbieten, daß die betroffenen Gegen-
stände verändert oder darüber verfügt werde, und positiv zu verlangen, dassie verwahrt und
pfleglich behandelt werden, sowie darin, Zuwiderhandlungen zu bestrasen. Dieses Recht
ist weder an den Besitz der Gegenstände geknupft, noch hat es dingliche Eigenschaft. Des-
halb sallen Zuwiderhandlungen nicht unter §s 137 StG#B., vielmehr waren besondere