Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

774 K. Entlastung der Gerichte, Anderung der Kostengesetze usw. 
bezeichnet wird, den Zudrang der Anwälte von den Großstädten fernzuhalten und sie 
unterwirft die Anwallschaft, da der Kostenfestsetzungsbeschluß zunächst, wenn auch vor, 
behalllich richterlicher Entscheidung von dem Gerichtsschreiber erlassen wird, ciner un. 
würdigen Kontrolle durch den Gerichtsschreiber. 
Die Ausschliebung der Rechtsmittel in Sachen von geringerem Wert enthält einen 
Einbruch in den in unserer Gesetzgebung allgemein vertretenen Grundsatz der Möglichkeit 
mindeslens eine übergcordnete Instanz anzurufen, eine Möglichkeit, die auch eine Garantie 
der gewissenhaften Tätigkeit der Behörden enthält. 
5. Frankf Anw V. Beschl. v. 23. Febr. 16, IW. 16 376. Die VO. zur Entl. der 
Gerichte v. 9. September 1915 vermag ihrem Inhalte nach nur zum kleinen Teil den er- 
strebten Zweck zu erfüllen. Ihre Vorschriften bedeuten aber eine erhebliche Gefährdung 
der Rechtspflege. Die Bestimmungen über das Mahnverfahren bewirken cine Verzögerung 
des Rechtsganges zugunsten des zahlungsunwilligen Schuldners; der Ausschluß der Be. 
rufung für geringere Obiekte und die Einschränkung der Kostenerstattungspflicht schädigt 
die Rechtsinteressen der Bevölkerung ganz besonders mangels neuer Garantien für zu. 
verlässige Behandlung in erster Instanz. Vor allem aber bewirktt die Verordnung eine 
weitere schwere, finanzielle Schädigung des deutschen Anwaltstandes, der bereits vor dem 
Kriege in seinen Einkommensverhälinissen erheblich geschmälert war, und dessen Notlage 
während des Krieges überall empfunden wird. Es erscheint in hohem Grade bedanerlich 
daß an Sielle einer eindringlich erbetenen und unzweifelhaft gebotenen Neuordnung 
der Gebührenverhältnisse gerade zur jetzigen Zeit durch „wirkschaftliche Maßnahmen“ 
eine neue Beschränkung des Einkommens herbeigeführt worden ist. 
6. IW. 16 316. Der Anwaltverein München hat in seiner Sitzung v. 5. Jannar 1916 
einstimmig folgende Resolulion gefaßt: Es ist in hohem Maße zu bedauern, daß die Bundes- 
ratsbekanntmachung zur Entlastung der Gerichte v. 9. September 1915 erlassen wurde, 
ohne den berufenen Vertretern der deutschen Rechtsanwaltschaft Gelegenheit zur Außerung 
zu geben. Die Bestimmungen der Bekanntmachung dürften nicht geeignet sein, eine Ent. 
lastung der Gerichte herbeizuführen — zu einer solchen hat auch angesichts der erheblich 
verringerten Zahl von Rechtsstreitigkeiten ein Bedürfnis nicht bestanden —, sie führen 
vielmehr zu einer nicht unbeträchtlichen Mehrarbeit und Verzögerung der Rechtsstreitig- 
leilen. Indem die Bekanntmachung mit dem Grundsat des § 91 RB P. in Ansehung der 
Anwaltskosten bricht, steht sie im Widerspruch mit einer tiefeingewurzelten Rechtsanschauung 
des beutschen Volkes, gejährdet die Standesinteressen der deutschen Rechlsanwaltschaft und 
bringt hiermit, wie mit anderen Bestimmungen, eine bedauerliche Schädigung der an und 
für sich in schwerem Daseinskampfe befindlichen deutschen Rechtsanwaltschaft. 
II. Bericht über die Reichstagsverhandlungen (Sitzung vom 8. April 10160) 
— in. IW. 16 659. — 
Literatur. 
Chuchul, Zur Entlastung der Gerichte, DJZ. 16 621. — Heilberg, Die L0. 
über Anderung der Entlastungs V. v. 18. Mai 1916, JW. 16 878. — Mangler, Was 
können die Landesjustizuerwaltungen zur Ergänzung der Entl BO. v. 9. Septl. 1915 tun? 
Thür Bl. 63 81. (Belehrung der Partelen durch geeignete Vordrucke, Bestellung besonderer 
Güterichter, die sich auch als Schiedsrichter bestellen lassen können.) — Noest, Entwurf zu 
einer VO. der Bek. zum Zwecke der Entlastung der Gerichte und der wirtschaftlichen Erhal- 
tung des Anwaltsstandes nebst Begründung, JW. 16 1069, 1379 (befürwortet das anwallliche 
Mahuverfahren im Anschluß an Schiffer. DJZ. 16 157 f.). — Soldan, Die Ab- 
änderung der Entlastungs V., DRAg. 16 106. — Volkmar, Die Entlastungs VO. v. 
9. Sepi. 1915 u. 18. Mai 1916. Mahnverfahren und Ausblick, DJZ. 16 591. 
Kahn, JIW. 16 1013. Wenn der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung 
auch nicht als Anspruch gelten kann, der eine Geldsumme zum Gegenstande hat, so folgt 
daraus doch noch nicht, daß die Berufung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Be- 
schwerdegegenstandes bei diesem Anspruche 50 M. nicht übersteigt. Gegen eine solche
	        
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