Allerhöchsier Gnadenerlaß v. 4. August 1914. 781
Grund freien Willens zu öffentlichen Diensten verwendet wird. Man kann hier vielleicht
vom Kriegsdienst im weiteren Sinne sprechen. Ob nun im einzelnen Falle infolge eines
solchen Kriegsdienstes eine Behinderung anzunehmen ist, das hängt durchaus von den
Umständen ab, Bei schriftlicher Abstimmung wird der in der Garnison dienende Land-
urmmann meist nicht als verhindert gelten, während er vielleicht zu einer längeren
Sipung nichl erscheinen kann. Die im Felde oder in den okkupierten Gebieten befindlichen
Rechisanwälte werden regelmäßig auch für schriftliche Abstimmung nicht in Betracht
kommen. Daß im Kriege gefallene Rechtsan wälte — solange keine Ersatzwahl stattgefunden
hat — den verhinderten Vorstandsmilgliedern gleichzuachten, also nicht mitzuzählen sind,
darf nach dem Zweck der Bestimmung sicherlich angenommen werden.
III. Gnadenerweise aus Anlaß des Krieges.
(Preußisches Recht.)
1. Zugunsten der gesamten Bevölkerung.
a) Allerhöchster Gnadenerlaß vom 4. August 1914. (IM#l. 659.)
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw.
wollen angesichts der opferwilligen Vaterlandsliebe, die das gesamte Volk in dem
Uns aufgedrängten Kreige beweist, allen denjenigen Personen, welche bis zum
heutigen Tage
I. wegen Beleidigung des Landesherrn oder eines Bundesfürsten (88 94 bis
10 1RStrG#.), wegen feindlicher Handlungen gegen befreundete Staaten
im Sinne der §F 103 bis 104 RStrG#B., wegen Verbrechen und Vergehen
in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte (§§s 105 bis 109
RöStr GB.), wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt (§5 110 bis 122
RStir G., wegen Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ord-
nung im Sinne der §8 123 bis 138 RStrG., wegen Beleidigung in den
Fällen der §§ 196, 197 RStr#GB., wegen Vergehen im Sinne des 153
der Gewerbeordnung, wegen einer mittels der Presse begangenen oder
in dem Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874 (RBl. 65) oder in dem
Vereingsesetze vom 19. April 1908 (RG#l. 151) unter Strafe gestellten
strafbaren Handlung
zu einer Geldstrafe, zu einer Haftstrafe, zu einer Festungshaftstrase bis zu
2 Jahren einschließlich oder zu einer Gefängnisstrafe bis zu 2 Jahren ein-
schließlich oder
II. wegen Diebstahls oder Unterschlagung (§§ 242 bis 248a RStrG., + 138
Mil StrGB.), wegen Betruges im Sinne des § 264 a RStrGB., wegen
strfabaren Eigennutzes im Sinne der §# 288, 289 RStr G., wegen Ent-
wendung im Sinne des 3 370 Ziffer 5 RStrG#B. oder wegen einer in
dem Gesetz, betreffend den Forstdiebstahl, vom 15. April 1878 (GS. 222)
unter Strafe gestellten strafbaren Handlung
zu einer Geldstrafe, zu einer Haftstrafe, zu einer Arreststrafe oder zu einer
Gefängnisstrafe bis zu 3 Monaten einschließlich
von Unseren Gerichten rechtskräftig verurteilt worden sind, diese Strafen, soweit
sie noch nicht vollstreckt sind, in Gnaden hierdurch einschließlich der noch rückstän-
digen Kosten erlassen, ihnen auch die etwa aberkannten bürgerlichen Ehrenrechte
wieder verleihen.
Ist wegen einer und derselben Handlung zugleich auf Grund einer nicht unter
diesen Erlaß fallenden Vorschrift auf Strafe erkannt, so ist diese Strafe erlassen,
wenn sie aus dem unter diesen Erlaß fallenden Gesetze festgesetzt ist.