Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Bek. zum Schutze von Angehörigen immobiler Truppenteile v. 20. Januar 1916. 35 
und seine Frau sein Geschäft hier für ihn weiterführt, ist er trotz seiner dienstlichen Be- 
schäftigung als Krankenwärter im Reservelazarett in der Lage, seinem ProzBevollm. alle 
für die Führung des Mietestreits erforderlichen Mitteilungen und Anweisungen zu geben. 
3. Keidel a. a. O. 373. Behinderung kann auch angenommen werden, wenn die 
Partei einen Prozeßbevollmächtigten oder sonst zur Wahrnehmung ihrer Rechte berufenen 
Vertreter hat, wenn sie dienstlich so in Anspruch genommen ist, daß sie ihrem Vertreter 
die nach der Sachlage erforderliche Information nicht erteilen kann; eine strenge Prüfung 
in letzterer Hinsicht ist aber zur Vermeidung mißbräuchlicher Inanspruchnahme des Schutzes 
angezeigt. 
V. Ablebnung der Aussetzung wegen offenbarer Unbilligkeit. 
1. Allgemeines. 
a) Hallbauer a. a. O. 92. Bei offenbarer Unbilligkeit muß die Aussetzung ab- 
gelehnt werden. 
b) Keidel a. a. O. 374. Keine sachliche Abweichung bedeutet die Fassung der VO. 
„ist abzulehnen“ gegenüber der des KTSch G. „kann ablehnen“; ob die Aussetzung unbillig 
ist, entscheidet das Gericht nach freier Uberzeugung. Offenbar unbillig ist die Aussetzung, 
wenn die unbefangene Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse ergibt, daß sie gegen 
Treu und Glauben verstößt. Maßgebend ist in erster Linie das Interesse des Antragstellers; 
verlangt dieses billigerweise die Aussetzung, so ist regelmäßig ein Nachteil für den Gegner 
für sich allein kein ausreichender Grund zur Ablehnung. Die Rechispr. zu 3 3 Abs. 2 KTSch G. 
ist hierher an sich verwertbar, allein mit Rücksicht auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen 
Prüfung des Einzelsalls mit Vorsicht zu benutzen. 
c) Hallbauer a. a. O. 92. In vielen Fällen ist vor Entscheidung über den Aus- 
sebungsantrag Anhörung des Gegners empfehlenswert. 
2. Fälle der Bejahung offen barer Unbilligkeit. 
a) Sächs A. 16 200 (Dresden IV). Dem Schuldner die bloße Hinausziehung zu er- 
möglichen, ist nicht der Zweck der Bekanntmachung vom 20. Januar 1916. Auch in seiner 
gegenwärtigen militärischen Stellung wird der Beklagte soviel Zeit erübrigen können, 
um sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob er gegenüber den früher von ihm selbst offen bar 
als richtig angesehenen Kontoauszügen mit Recht Einwendungen zu erheben vermag. 
Sollte sich im weiteren Verlaufe des Prozesses ein stärkerer Anhalt hierfür ergeben, als 
er zurzeit besteht, so mag in eine neue Erwägung darüber einzutreten sein, ob der Be- 
Nagie infolge seiner Einberufung zur bewaffneten Macht tatsächlich an der Wahrnehmung 
seiner Rechte verhindert sei. 
b) Leipz 8. 16 699, Recht 16 202 Nr. 449 (München 1). Der zu einem auswärtigen 
Ersatzbataillon eingezogene Bekl. hat seinem Anwalt genügende Sachunterweisung zu 
geben vermocht; daß sein Vorbringen über nachträgliche Verschiebung der Fälligkeit offen- 
bar haltlos und widerlegt ist, bildet keinen Aussetzungsgrund. Die Höhe der Klagesumme 
ist unbestritten. 
0) O#. 32 279 (Hamburg VI). Die VO. v. 20. Januar 1916 gibt dem Einberufenen 
grundsählich das Recht auf Aussetzung, und nur ausnahmsweise greift es nicht Platz, wenn 
die Aussetzung nach den Umständen des Falles offenbar unbillig wäre. Das wird man 
allerdings dann bejahen können, wenn die Einberufung den Beklagten nicht an der Geltend- 
machung seiner Rechte behindert und andererseits der Klägerin nicht zugemutct werden 
kann, auf unbestimmte Zeit die Verfolgung ihres Rechts zu vertagen. In diesem Zusammen- 
hange wird es allecdings von Bedeutung, daß es sich um ein Geschäst handelt, das nach 
Ausbruch des Krieges geschlossen ist. Auch steht der Beklagte in einer nahe bei Hamburg 
befindlichen Garnison, und er hält selbst einen Urlaub für nicht ausgeschlossen. Solange 
noch damit zu rechnen ist, daß der Beklagte, der einen Anwalt zu instruieren in der Lage 
war, zu der Beweisaufnahme erscheinen kann, erscheint die Aussetzung der Sache nach 
den Umständen des Falles als offenbar unbillig. 
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