796 K. Entlastung der Gerichte, Anderung der Kostengesetze usw.
in dem Erlasse bezeichnete Höchstgrenze übersteigt, so sind alle Strafen erlassen
z. B. sind 1 Jahr Gefängnis, 6 Wochen Haft und 1000 Mark Geldstrafe, die durch
ein Urteil verhängt sind, erlassen. Ubersteig von den durch ein Urteil erkannten
Strafen der noch nicht vollstreckte Teil der einen Strafe die in dem Erlasse be-
zeichnete Höchstgrenze, so bleibt der Erlaß überhaupt außer Anwendung, so daß
bei einem auf 1½ Jahr Gefängnis und 6 Wochen Haft lautenden Urteile keine
Strafe erlassen ist, wenn von der Gefängnisstrafe noch nicht 6 Monate vollstrech
sind. Dagegen betrifft der Erlaß die durch ein Urteil verhängten Strafen, die
sämtlich innerhalb der Höchstgrenze liegen, auch dann, wenn auf Grund eines
anderen Urteils noch Strafen zu vollstrecken sind, die die Höchstgrenze übersteigen:
wenn von 2 Urteilen das erste auf 6 Wochen Haft, das zweite auf 1 Jahr Zucht-
haus lauten, so ist die erste Strafe erlassen. Bei Gesamtstrafen ist der noch nicht
vollstreckle Gesamtbetrag der Strasen entscheidend ohne Rücksicht darauf, ob die
Einzelstrafen durch ein oder mehrere Erkenntnisse festgesetzt sind; wenn jemand
durch ein Urteil zu 9 Monaten Gefängnis, durch ein zweites Urteil zu einer Zusatz-
strafe von 6 Monaten verurteilt ist, so ist nichts erlassen, falls nicht vor dem 27.
Januar 1916 3 Monate vollstreckt waren. Ist in einer Gesamtstrafe eine Einsatz-
strafe enthalten, die von einem nichtpreußischen Gericht erkannt ist, und liegt die
Gesamtstrafe oder ihr noch nicht vollstreckter Teil innerhalb der Höchstgrenzen des
Erlasses, so ist von der Strafvollstreckungsbehörde unmittelbar an mich zu berichten.
4. Da nach den Vorschriften des Erlasses Personen, die wegen Unwürdigkeit
aus dem Heere usw. entfernt werden, von den Gnadenerweisen ausgeschlossen
bleiben sollen, so kann der Erlaß der Strafe erst dann endgültig festgestellt werden,
wenn der Verurteilte aufgehört hat, Kriegsteilnehmer zu sein, ohne daß ein Um-
stand eingetreten wäre, der ihn von der Wohltat des Erlasses ausschlösse. Solange
hiernach ungewiß ist, ob der Straferlaß eintritt oder nicht, ist jede auf Strafvoll-
streckung gerichtete Handlung unzulässig. Eine Benachrichtigung des Verurteilten
und eine Mitteilung an das Strafregister erfolgt erst nach der Entlassung des Ver-
urteilten von den Fahnen.
Auch soweilt hiernach der Straferlaß vorläufig nur bedingt ist, sind Gnaden-
gesuche, die sich auf die bedingt erlassene Strafe beziehen, als erledigt anzusehen.
Etwa erforderte Berichte über die Frage nach der Befürwortung eines Gnaden-
erweises sind nicht zu erstatten, vielmehr ist nur eine kurze Anzeige über die Sach-
lage einzureichen. Bedingt crlassene Strafen sind in B-Verzeichnisse nicht einzu-
stellen.
5. Die Strafvollstreckungsbehörden haben schleunigst zu prüfen, ob Verur-
teilte von dem Allerhöchsten Erlasse betroffen werden, welche die Strafe zurzeit
verbüßen; bejahendenfalls ist die Strafvollstreckung sofort zu unterbrechen.
6. Rückständige Kosten sind auch in solchen Fällen erlassen, in denen ein Er-
laß der Strafe nicht mehr in Frage kam, weil die Strafe schon ganz vollstreckt oder
erlassen war, wenn nur die Strafe ganz unter die Höchstgrenzen des Erlasses fiel.
Dieser Kostenerlaß gilt auch zugunsten der Erben des Verurteilten, nicht aber
zugunsten solcher Personen, die die Kostenschuld selbstschuldnerisch übernommen
haben, z. B. nicht zugunsten desjenigen, der ein mit einer Hypothek für die Kosten-
schuld ostetes Grundstück unter Anrechnung der Hypothek auf den Kaufpreis ge-
kauft hat.
7. In allen Fällen, in denen ein Kriegsteilnehmer deshalb von den Gnaden-
erweisen ausgeschlossen bleibt, weil er die Fähigkeit zum Dienst in dem Deutschen
Heere oder der Kaiserlichen Marine gemäß #& 31, 34 des Reichsstrafgesetzbuchs
oder §# 32, 33, 42 des Militärstrafgesetzbuchs verloren hatte, ist über die Frage
der Befürwortung eines Einzelgnadenerweises an mich zu berichten; die Berichte
sind von der Strafvollstreckungsbehörde unmittelbar an mich nach Formular unter
Beifügung der Akten zu erstatten.