Bek. betr. das Verfahren bei Zustellungen vom 22. Dezember 1915. 37
4. Bekanntmachung betr. das Verfahren bei Zustellungen
vom 22. Dezember 1915. (REl. 833.)
Wortlaut in Bd. 2, 8.
Begründung. (D. N. VIII 101.)
Bei Sustellungen an Rechtsanwälte, die zu den Fahnen einberufen sind,
haben sich erhebliche Unzuträglichkeiten daraus ergeben, daß nach einer auch vom Reichs-
gerichte gebilligten Rechtsauffassung, die der Vorschrift des § 172 5p0. zwingende
Bedeutung beimißt, das einzuschlagende Derfahren ein verschiedenes ist, je nachdem
der Rechtsanwalt Offiziersrang bekleidet oder nicht. Diese Derschiedenheit ist bisher
regelmäßig unbeachtet geblieben. Es muß also damit gerechnet werden, daß zahlreiche
FJustellungen unwirksam erfolgt sind, ohne daß dies von den Beteiligten erkannt worden
wäre. Auch in Gukunft würden bei Fortdauer der gegenwärtigen Rechtslage Fälle dieser
Art nicht ausbleiben. Um den sich hieraus ergebenden Gefahren für die Rechtssicherheit
vorzobeugen, hat der Bundesrat auf Grund des §& 3 des sog. Erm G. die Bek. v. 22. De-
zember 1915 erlassen, durch die das Derfahren bei Justellungen an Rechtsanwälte in
einer der bisherigen Übung entsprechenden Weise einheitlich gestaltet wird. Diese
Regelung findet rückwirkend auch auf die vor dem Inkrafttreten der VDerordnung vor-
genommenen Gustellungen Anwendung. hBärten, die sich daraus ergeben könnten,
werden durch Sulassung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vermieden.
Literatur.
Nachtrag zu der Nachweisung in Bd. 2, 9.
Levin, Kriegszustellungen. DJ3. 16 402.
§ 1, 2.
(zu vgl. die Erläuterung in Bd. 2, 532).
1. Kallee, Gewusffm G. 21 170. Die Bek. gilt auch für die Gewerbe- und Kauf-
mannsgerichte.
2. Sintenis, Finanz= und wirtschaftspolitische Kriegsgesetzen 307. Es macht
keinen Unterschied, ob der Rechtsanwalt die Zustellung als Prozeßbevollmächtigter emp-
fängt oder in einer Parteistellung, kraft der er fremde Interessen wahrnimmt, wie als
Konkursverwalter, Zwangs-, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker. Dagegen findet
die VO. auf Zustellungen an einen R. als Privatperson keine Anwendung (Keidel,
Leipzg. 16 292; a. M. Schäffer, JW. 16 91).
3. OLG. 32 297 (Hamburg 1). Nach ## 1, 2 gilt eine Zustellung, die wie hier vor dem
22. Dezember 1915, aber nach dem 31. Juli 1914 vorgenommen worden ist, als unwirksam
erfolgt, wenn sie bei Anwendung des 3 1 wirksam wäre. Nach §s 11 kann an einen Rechts-
anwalt, der als Unteroffizier oder Gemeiner dem aktiven Heere angehört, außer auf dem
in § 172 3 PO. vorgeschriebenen Wege auch nach den sonstigen Vorschriften der BP.
zugestellt werden. Nach dem Ges. v. 2. Mai 1874 gehörte A. zur Zeit der Zustellung des
Urteils am 20. Juli 1915 als Gemeiner dem aktiven Heere an, da er als landsturmpflichtig
zur Waffe eingezogen war. Nach den Vorschristen der ZPO. konnte ihm als Rechtsanwalt
gültig zu Händen seines Bureauvorstehers zugestellt werden. Die Zustellung des Urteils
ist daher gültig und da diese Berufung zurückgenommen worden ist, war der Kläger des
Rechtsmittels für verlustig zu erklären. Hieraus ergibt sich ferner, daß die zweite Berufung,
die am 28. Oktober 1915 verspätet eingelegt ist, daher als unzulässig zu verwerfen war.
Der 53 BO. v. 22. Dezember 1915, auf den sich der Kläger ferner beruft, bezieht sich aus-
schließlich auf den Fall des §s 2 das., der hier nicht vorliegt, ganz abgesehen davon, daß der
Anwalt des Klägers die Zustellung vom 20. Juli 1915 als zulässig behandelle, indem er
Berufung einlegte.
4. R. VII, Recht 16 355 Nr. 611. Keinesfalls konnte eine wirksame Zustellung
an den Rechtsanwalt W. am 20. Mai 1915 erfolgen, wenn er damals nicht mehr lebte.
Nach einer Anzeige vom 3. Juli 1915 war W. gefallen. Wann er gefallen war, ist nicht