Geseh über den vaterländischen Hilfsdienst vom 6. Dezember 1916. 817
wirkung dabei berufenen sonstigen Behörden für ihre Betätigung die notwendige staats-
rechtliche Grundlage zu geben.
Wer irgend arbeiten kann, hat in dieser großen und schweren Seit kein Recht mehr,
müßig zu sein. Durch das Gesetz soll eine gesetzliche Derpflichtung zum vaterländischen
Hilfsdienst geschaffen werden. Zisher kann noch jeder, der nicht zum Dienste in der
bewaffneten Macht einberufen ist, soweit ihn nicht amtliche oder vertragliche flichten
binden, frei darüber verfüen, ob, in welchem Umsang und in welcher Art er seine Arbeits-
kraft verwenden will. Das darf in dem Dolkskampf, in dem wir steben, fortan nicht mehr
in gleichem Maße der Fall sein. Auch in der Heimat muß jeder deutsche Mann seine ganze
Kraft dort einsetzen, wo das Daterland sie am nötigsten braucht, und wo er nach seiner
körperlichen und geistigen Deranlagung diesem die besten Dienste leisten kann. Für die
Bestimmung darüber, welche Arbeiten während der Dauer des Krieges überhaupt
fortzuführen und welche von den einzelnen Hersonen zu verrichten sind, darf nur der
Gesichtspunkt ausschlaggebend sein, ob und in welchem Maße eine Arbeit für die Iwecke
der Kriegführung und der eng damit zusammenhängenden Dolksversorgung von Nutzen
ist. Auf solche Weise wird es möglich sein, die Leistungen der für die Kriegführung und
Kriegswirtschaft besonders bedeutungsvollen Betriebszweige und Einrichtungen dem
Bedarf entsprechend zu steigern und daneben trotzdem eine größere Anzahl für den Beeres-
dienst geeigneter Hersonen zu militärischer Verwendung freizumachen. In der Heimat
wie in den besetzten Gebieten werden an zahlreichen Stellen wehrpflichtige Deutsche
durch hilfsdienstpflichtige ersetzt werden können.
Wie im Heeresdienste, darf bei diesem gesamten Vorgehen keine Rücksicht auf soziale
Unterschiede gelten. Für den vaterländischen Dienst, welcher Art er auch sei, kenn es nur
Staatsbürger, nicht Schichten und Ulassen geben.
Bei der UÜberweisung zu einer Beschäftigung wird, soweit das vaterländische Inter-
esse dies gestattet, auf das Lebensalter, die Kamilienverhältnisse, den Wohnort und die
Gesundbeit sowie auf die bisherige Tätigkeit des Hilfsdienstpflichtigen gebührende Rück-
sicht zu nehmen sein. Streitigkeiten, die sich aus der HBeranziehung zu einer Cätigkeit
oder auch aus dem Wunsche nach einem Wechsel der Arbeitsstelle ergeben, sollen von
militärischen Schlichtungsstellen ausgeglichen oder entschieden werden. Diese sollen
mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern in gleicher Sahl besetzt werden.
Ergeht solchergestalt der Aufruf zu allgemeiner Betätigung im Dienste der Krieg-=
führung, so darf erwartet werden, daß weite Kreise des Dolkes an Daterlandsliebe und
Opferfrendigkeit nicht hinter denen werden zurückstehen wollen, die sofort nach Ausbruch
des Krieges in Scharen freiwillig zu den Fahnen geeilt sind. Unzweifelhaft fehlt es vielen
gegenwärtig nur an der geeigneten Gelegenbeit zu freiwilligem Hilfsdienst. Wird dieser
Heimatdienst in zielbewußter, zweckdienlicher Weise geregelt, so werden sicherlich so viele
freudig sich ihm einordnen, daß ein Swang, der allerdings als letztes Mittel nicht ent-
behrt werden kann, nur in verhältnismäßig seltenen Fällen erforderlich werden wird.
Im einzelnen wird folgendes bemerkt:
Der Entwurf will nur für männliche Hersonen, und zwar, wie & 1 vorsieht, für alle
nicht zum Dienste in der bewaffneten Macht einberufenen vom vollendeten 17. bis zum
vollendeten 60. Lebensjabre, die Hflicht zum vaterländischen Hilfsdienst einführen. Einen
gleichen Jwang für Frauen auszusprechen, erscheint entbehrlich, in der Erwägung, daß
die im Kriege bisher so bewährte Arbeitskraoft der deutschen Fran auch obhne besonderen
Antrieb in reichem Maße wird bereitgestellt werden können.
Der 8 2 uschreibt, was als vaterländischer Hilfsdienst anzuseben ist.
Die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Zestimmungen wird, wie 8 3
vorschreibt, nur der Bundesrat erlassen können, da den unendlich mannigfaltigen und in
stetem Wechsel begriffenen Verhältnissen, auf die sich die Durchführung des Gesetzes
zu erstrecken bat, nur durch bewegliche, einer Anderung leicht zugängliche Bestimmungen,
nicht aber durch starre gesetzliche Vorschriften Rechnung getragen werden kann.
Um das Nriegsamt tunlichst bald mit den erforderlichen Machtmitteln auszustatten,
Güä#be u. Schlegelberger, Kriegsbuch. Bd. 3. 52