Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 831
nicht vom Bundesrat, wie die Vorlage besagt, sondern vom Reichstage bestimmen zu
lassen“. Er und seine Freunde hielten die Beteiligung eines Ausschusses des Reichstags
an der Ausführung des Hilfsdienstgesetzes für unbedingt geboten. Der gewünschie Aus-
schuß könne der Haushaltsausschuß selbst oder vielleicht ein fünfzehn Mitglieder starker,
besonderer Ausschuß sein.
Der Redner der Soz. Arbeitsgem erklärte, bei seiner Stellungnahme seine Fral-
tion nicht binden zu wollen, aber er sei der Meinung, daß der gesamte Reichstag, nicht bloß
sein Ausschuß, an der Ausführung des Gesetzes beteiligt werden müsse. — Ein Vertreter
der Soz. Fr. lrat ebenfalls für dauerude Veteiligung des Reichstags durch einen stäu-
digen Ausschuß bei der Ausführung im Hinblick auf die vielen einschlägigen ungeklärten
Fragen ein. Vor Erlaß wichtiger Verordnungen sei der gesamte Reichstag zur Entschei-
dung darüber zu versammeln. — Ein fortschr. Redner glaubte, daß bei der Ausführung
des Gesetzes die Notwendigkeit für eine weitere Reihe von Gesetzen entstehe. Es frage
sich, ob bei den Verhältnissen im Kriege auf den normalen Weg der Gesetzgebung zu ver-
zichten sei und der Bundesrat im Wege der Verordnung die notwendigen Anordnungen
träse. Dleser Weg sei schon gewählt, nur daß der Reichstag in bezug auf seine Rechte
dabei zu kurz gekommen sei. Hier müsse ein fünfzehngliedriger Ausschuß des Reichstags
mit gleichen Rechten zur Mitwirkung zugezogen werden, mit einem Beirat könne man
sich nicht begnügen. Verordnungen zum Dienstpflichtgesetz dürften nur mil Zustimmung
des vom Reichslag eingesetzten Ausschusses erlassen und dieses Recht müsse im Gesetz
sestgelegt werden. Gewisse Befugnisse, auch des Bundesrats, könnten dem Kriegsamt
übertragen werden, damit ihm die Möglichkeit raschen Handelns. gegeben sei. Er schlage
vor, in das Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die elwa ausspricht: das Kriegsamt
ist verpflichtet, den Reichstagsausschuß über alle wichtigen Fragen auf dem laufenden
zu halten, ihm aus Verlangen Ausschluß zu geben, dessen Vorschläge entgegenzunehmen
und vor Erlaß aller wichtigen Verfügungen dessen Meinungsäußerung einzuholen. Dem
Ausschuß die Ermächtigung zu geben, daß lein Erlaß des Kriegsamts ohne dessen Zustim-
mung herausgegeben werde, würde zu weit gehen und die Tätigkelt des Kriegsamis
lahmlegen. Deshalb schlage er den bezeichneten Mittelweg vor.
Der Redner der Kons. konnte sich mit seinen Freunden dazu nicht entschließen,
die Grenze der Befugnisse zwischen Reichstag und Bundesrat als Organe der Geseg-
gebung zu verschieben. Die verfassungsrechtlichen Grenzen des Reichstags und des
Bundesrats müßten bleiben. Nach der Versassung sei der Bundesrat berufen, die
Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Die Vorschläge, die darauf hinausgingen, an
dessen Stelle einen Reichslagsausschuß zu setzen, seien weder vom rechtlichen noch prak-
lischen Standpunkte aus haltbar. Ihm erscheine es auch zweifelhaft, ob der Reichstag
seine Rechte lurzerhand auf einen Ausschuß übertragen könne. Im Grunde wäre er da-
für, daß man, wie 1914, durch Ermächtigungsgesetz dem Bundesrat die Ausführung über-
trage und den Gesetzentwurf, wie er vorliege, annehme. Er persönlich aber sei bereit,
nach einem Wege zu suchen, der dem Reichstage eine weitergehende Mitwirkung ermög-
liche, etwa in der Weise, daß vor Erlaß allgemeiner Ausführungsbestimmungen ein parla-
mentarischer Ausschuß zu hören, und wenn er mitl Mehrheitl die gesetzliche Regelung
der betreffenden Materie verlange, der Reichstag dazu berufen sei.
Zu der Frage der Mitwirkung des Reichstags an der Durchführung des Gesetzes,
betr. den vaterländischen Hilfsdienst, erklärte der Staatsselrelär d. J., sich zunächst nur
rein persönlich und unverbindlich aussprechen zu können, da noch keine Stellungnahme
der verbündelen Regierungen vorliege. Er gebe zu, daß das Gesetz, so wie es eingebracht
wurde, sozusagen ein Mantelgesetz sel, in das der eigentliche Kern seines Inhalts zum
großen Teil erst noch durch die Ausführungsbestimmungen hineingearbeilet werden müsse.
Mit Rücksicht auf diese Talsache habe der Bundesrat sich von vornherein auf bestimmte
Richtlinten der Ausführungen festgelegt und diese gleichzeitig mit dem Gesetze dem Reichs-
tage übermittelt. In gewöhnlichen Zeiten würde man wohl den Inhalt der späteren
wesentlichen Bestimmungen in das Gesetz selber ausgenommen haben. Heule sei dies