Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 851 
sind großenteils organislert und stehen mit dem Kriegsamt, dem Kriegsministerium schon 
deshalb in engster Fühlung, weil sie heute in der Hauptsache für die Bedürfnisse der Heeres- 
verwaltung arbeilen. Schon allein durch die Auftragserteilung hat also hier die Heeres- 
verwaltung ein Mittel in der Hand, um dort einzuwirken, wo es elwa notwendig werden 
ollte. 
Was nun die kleineren Leute anlangt, die kleinen Handwerker und Gewerbe- 
treibenden, so Klaube ich, auch hier ist viel unnötige Besorgnis verbreilel. Das Kriegs- 
amt wird durch die von ihm ressortierenden Stellen im Lande draußen den einzelnen Fall 
genau ansehen lassen und auch da, wo eine unmittelbare Beziehung zum Krieg und zur 
Volksversorgung nicht vorliegt, prüsen, ob das, was an einzelnen Arbeitskräflen etwa 
gewonnen wird, im Verhällnis steht zum wirtschafllichen Schaden, der durch die Zer- 
störung selbKändiger Existenzen angerichtet wird. 
Zum Kapitel der schonenden und gleichzeitig ratlonellen Durchführung des Ge- 
seyes gehört auch ein weilerer Punkt, der wichtig genug ist, um von mir erwähnt zu werden. 
Es wird in vielen Fällen leichter und einsacher sein, die Arbeit zu den Leuten zu 
bringen als umgekehrt die Leule zu der Arbeit. Die Erfahrungen, die mit der Umwand- 
lung von Friedensbetrieben in Kriegsbetriebe, z. V. von Spinnereien in Munitions-. 
fabriken, bisher gemacht worden sind, zeigen, was auf diesem Gebiete geschaffen werden 
kann. Wenn wir die Arbeiter von ihrer Arbeitsstelle, von ihrem Wohnort weg an andere 
Orte verpflanzen, so haben wir eine Reihe von besonderen Schwierigkeiten zu überwinden. 
Wir müssen erstens einmal die Arbeiter aus ihren gewohnten Verhältnissen herausnehmen. 
Das tun sie nicht gern, sie gehen nicht gern heraus. Wir müssen an dem neuen Orte für 
Unterkunft sorgen, auch ein Problem, das nicht einfach zu lösen ist. Das kostel neue Bauten, 
kostet Arbeit und Material, und beides ist heute rar und leuer. Wir müssen neue Fabrik- 
gebäude errichten, für die dasselbe gilt, wie für den Bau von Wohnungen. Das alles 
ersparen wir uns, wenn wir die Arbeiter dort lassen, wo sie sind, und wenn wir die Arbeit 
zu ihnen bringen. Wir haben den weiteren Vorteil, daß bei solchen Fabriken in der Regel 
auch größere Kraftanlagen, Wasserkräfte, Dampfkraftanlagen und ähnliche sich befinden, 
die ohne weiteres in den Dienst einer neuen Krliegsindustrie gestellt werden können. Wir 
haben den Vorteil, daß die größeren Fabriken über Reparalurwerkstätien und über Fach- 
arbelter verfügen, die einen Grundstock für das bilden, wos dort neu zu schaffen ist. Das 
alles müssen wir in der rationellsten Weise ausnutzen, um dadurch zur ausgiebigsten Ver- 
werlung der vorhandenen Arbeilskräfte beizutragen und gleichzeitig die Durchführung 
des Gesetzes so schonend für die Arbeiter und Unternehmer wie nur irgend möglich zu 
gestalten. 
Aber auch bei aller Schonung und Rücksicht der Durchführung ergeben sich aus 
dem Gesetze doch nolwendig die weitestgehenden Wirkungen. Die Pflicht zur Arbeit im 
vaterländischen Hilfsdienst bedeutet, auch wenn wir hoffen, daß sie in der weit überwiegen- 
den Mehrzahl der Fälle frelwillig übernommen wird, eine wesentliche Beschränkung 
der persönlichen Freiheit. Die Verpflichtung zur Übernahme einer zugewiesenen 
Arbeit bedarf ferner zu ihrer Ergänzung einer Erschwerung des Verlassens der Arbeit, 
des Arbeilswechsels. Nach der Absicht des Entwurfs soll zum Zwecke des Arbeitswechsels 
dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Abkehrschein ausgestellt werden. Damitl werden 
alle diejenigen, welche heute schon im Bereiche des vaterländischen Hilfsdienstes tätig 
sind, dem Gesetze unterstelll, sie werden in die große, neu zu schaffende Heimarmee ein- 
gereihtl. 
Diese Beschränkung der persönlichen Freiheit macht einen sorgsältigen Ausbau 
der zur Durchführung des Gesetzes bestimmten Organisationen nötig. Es kommt viel, 
um nicht zu sagen, alles darauf an, wie die Ausschüsse, die Organe zusammengesetzt sind, 
die in diesen Fragen die praktischen Entscheidungen zu treffen haben. Das gilt natürlich 
edenso für die Organe, die über die Kriegswichilgkelt der einzelnen Betriebe zu befinden 
haben, Über die Frage, ob aus einem Betriebe Arbeitskräfte herausgenommen werden 
dürfen oder nicht. Ich hoffe, daß es gelingen wird, diese Organe so zu gestalten, daß sie 
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