Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 857 
wie wir Kautelen schaffen können, um starke Schädigungen zu verhüten und dem Reichs- 
tage eine Mitwirkung zu verschassen. In dem in der Kommission ausgearbeiteten Ent- 
wurs finden Sie cinen Fünfzehnerausschuß des Reichstages, der dem Reichstage ein Mit- 
bestimmungsrecht geben, aber in die Verwaltung nicht eingrelfen soll. Wir gingen dabei 
von der Voraussetzung aus, daß der dem Kriegsernährungsamt beigegebene parlamen- 
tarische Beirat nicht immer Befriedigung ausgelöst hat. Hier ist es anders. In bezug auf 
die Aufhebung des Gesetes wollten wir eine bestimmle Frist nicht festlegen, darum haben 
wir die drei Monate gewählt. Zum Hilfsdienst muß jeder zugezogen werden, wenn das 
Geses nicht verbitternd wirken soll. Die wirtschaftliche, friedliche Arbeiterbewegung sollic 
mit ihren Wünschen auf völlige Gleichberechtigung mit den übrigen, insbesondere mit 
den christlichen Arbeiterorganisationen tunlichste Beachtung finden. In den Beiräten 
wünscht man die Vertretung auch von Angestellten, sowie die Benugtung der sehr gut 
ausgebauten Stellennachweise der Privatbeamten; ebenso schließe ich mich den Wünschen 
des Abg. Spahn hinsichtlich der Handwerlsvertrelungen an. Die Wichtigkeit der Erhallung 
der Arbeitskräfte für die schwerarbeitende Landwirtschaft kann gar nicht genug betont 
werden; von Monat zu Monat wird es schwieriger, auch uur die allernotwendigsten Ar- 
beitskräfte zu erlangen und zu erhallen. Daß der Pressedienst im Redaktions= wie im 
technischen Personal unter den #l 2 des Gesegzes fallen soll, können wir nur billigen. Den 
vielsachen Bedenken der Arbeiterschaft und ihrem Verlangen nach gesetzlichen Kautelen 
hat der von der Kommission vereinbarte Gegenentwurf soweit tunlich entgegenzukommen 
versucht; manche dieser Beschlüsse haben freilich im Kreise meiner politischen Freunde 
Anstoß erregt. Aber es ist die Auffassung durchgedrungen, daß bei so liefen Eingriffen 
in die persönliche Freiheit auch weilgehende Kaulelen gegeben werden müssen. So ist 
die Anerkennung der Berufsvereine ausgesprochen. Mögen also auch gegen Einzelbestim- 
mungen bei diesem oder jenem von uns Bedenken vorhanden sein, so wird daran das Gesetz 
nicht scheitern. Das Geset ist nicht der Ausdruck dessen, daß wir am Ende unserer Kraft 
angelangt sind, sondern wir wollen damit aussprechen, daß wir willens sind, ungenützte 
Kräfte in den Dienst des Vaterlandes zu stellen, es soll der Ausdruck unseres festen Willens 
sein, den Krieg siegreich zu beendigen. 
Abg. von Payer (fortschr. Volksp.): Die übliche Art der Erledigung eines Gesetzes 
konnie hier nicht angewendet werden, wir hätten denn Monate dazu gebraucht, und der 
Zweck des Gesetzes wäre vollständig vereilelt gewesen. Es blieb nur übrig, dem Vorgaug 
vom 4. August 1914 zu folgen, wo wir dem Bundesrat eine Blankovollmacht zu gesetz- 
geberischen Arbeiten aufgelegt haben. Damals, in der Eile, hat niemand daran gedacht, 
die Rechte des Reichslags zu wahren, man hat sie mit Bewußtsein dem Bundesrat ab- 
Letreten, wohl auch in der Annahme, daß der Krieg nicht jahrelang dauern würde. Heuto 
handelt es sich um eine viel weitergehende Bollmacht; damals war es nur eine wirtschaft- 
liche Vollmach!l, die verlangt wurde, heute soll auch die persönliche Freiheit vieler Mil- 
lionen unter den Militärbefehl gestellt werden. Dabei konnten wir den Reichstag nicht 
in dem Maße wie damals ausschalten; seine Rechte wie die Rechte des einzelnen, der 
unlter das Gesetz fällt, mußten gewahrt, und es mußte ein Rechtsschutz gewährt werden. 
Von diesen Gesichtspunkten aus haben wir uns an der Beralung betleiligt. Wenn der 
Bundesrat allein ohne den Reichstag wichtige Materien regeln soll, dann bleibt nichits 
übrig als der Weg, ein Ersatzorgan für den Reichslag zu schaffen. Dieses Ersatzorgan ist 
in Aussicht genommen in der Form dez fünfzehngliedrigen Ausschusses. Er wird dem 
Reichstag verantwortlich sein und nur in seinem Auftrage und nach seinem Willen handeln 
müssen. Als Rechtsschutz mußte in das Gesetz hineingearbeitet werden, was möglich war. 
Gewisse Härten und Ungleichheiten waren nicht zu vermeiden, sie müssen aber getragen 
werden mit Rücksicht auf die Opfer, die unsere Krleger im Felde für uns bringen. Einver- 
standen sind wir damit, daß die Erfüllung der Aufgoben des Gesetzes zunächst, soweit 
irgend möglich, auf dem Wege der Freiwilligkeit erfolgl. Es wird an Freiwilligen nicht 
jehlen. Die Frauen sollten ohne dringende Not nicht unter den gesetzlichen Zwang gestellt 
werden. Man sollte ihnen die Venuruhigung sparen. Was die Entschädigung betrifft,
	        
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