860 U. Vaterländischer Hilfsdienst.
hat für den Hreresersatz zu sorgen — dazu haben wir unsere mililärische Organisation —
es hat für das innige Zusammenarbeiten mit der Industrie eine Organisation zu schaffen
die alle Industrien im ganzen Deutschen Reich mit einem weiten Netz umspannt. Nun
kommt die Mobilisierung der Arbeitskräfte und alles, was damit zusammenhängt. Dazu
brauchen wir eine Organisation, und diese soll das Gesetz uns geben. *
Ich möchte auf einige wenige allgemeine Gesichtspunkte eingehen, um Ihnen ein
Bild zu geben, wie ich mir die Tätigkeit denke. Es ist so viel geschrieben worden von der
Stillegung von Betrieben. Die Leute fürchten nun, es würde der Befehl kommen:
vom 1. Dezember ab machst du deine Bude zu und du deine Bude zu. Das sind alles
Phantaslereien, das ist vollkommen unmöglich. Ich denke mir dieses Herausziehen der
Arbeitskräfte aus den Belrieben so, daß die Betriebe selbst zu uns kommen, sich uns auf
Grund freiwilliger Vercinbarung und Verständigung anbieten und zwedmäßige Vor-
schläge machen. Diese Vorschläge wollen wir genau prüfen und dann die Entschcidung
treffen. Auf Grund dieser Entscheidungen gehen die Richtlinien und Anhaltspunkte an
unsere Organisationen draußen ins Land hinaus. Damit dori vernünftige Arbeit ge-
leistet wird, müssen auch in diesen Kriegsamtstellen und in diesen Ausschüssen, die draußen
zu errichten sind, Leule sitzen, die etwas von der Sache verstehen, die auch wissen, wie
wir es meinen, nicht Leute, die sich nicht in unsere Gedanken hineinleben können. Selbst.
verständlich muß die einzelne Existenz, insbesondere bei dem Mittelstand und den lleinen
Betrieben, geschont werden. Wir dürfen nicht mit rauher, unerbilllicher Hand dazwischen
jahren, um Existenzen zu vernichten; das ist ja nicht der Zweck des Gesetzes. Auch das
Verpflanzen der Arbeiter kann nicht so erfolgen, daß morgen ein Vesehl hinausgehl:
von Pirmasens gehen soundsoviel Schuster dahin und von Plauen soundsoviel Texüil.
arbelter dahin. Auch das Verpflanzen kann nur als ultimo ratio in Betracht kommen.
Wir werden in ersler Linie bestrebt sein müssen, die Arbeit zu den Arbeitern hinzubringen.
Das ist zu allermeist eine Maschinenfrage. Gelingt es, die nöligen Werkzeugmaschinen
zu schaffen, so können wir das, gelingt das unserer Werkzeugmaschinenindustric nicht, so
müssen wir andere Maßregeln ergreifen, und dann kommt auch das Verpflanzen von
Arbeitern in Frage. Dabei spielt die Wohnungsfrage eine besondere Rolle, die Fürsorge
für Kinder und anderc Wohlfahrkseinrichtungen. Das sind alles Aufgaben, die das Kricge.
amt lösen muß in Verbindung mit der allgemeinen Aufgabe, die Industrie mit den nönigen
Arbeitskräften zu versehen. Auch das Herausziehen der Hilfssdienstpflichtigen
muß erfolgen auf Grund freiwilliger Meldungen, und wir denken wirklich nicht daran,
nun einen Künstler aus einem Theater herauszuziehen und irgendwo in einen Betrieb
hineinzusetzen, wo er höchstens zur Unterhaltung der Arbeiter dienen kann, wo er aber
nicht in der Lage ist, eine Granate zu drehen, oder auch irgendein gelehrtes Haus, dos
aber surchtbar unpraklisch ist, irgend wohin zu stecken, wo es mit seinen unpraklischen
Händen nur schaden kann. Wir beabsichtigen auch nicht eine Registrierung der Hilfs-
dienstpfslichtigen ähnlich wie bei der Aushebung; wir sehen leine Einschrelbungen
vor. Dazu wären ja viel zu viel Kräfte nötig. Wir würden uns ja eine unendliche Arbeir
aufladen. Wenn wir später einmal, nach vielen Monaten, wenn sich die Sache erst ein-
gelebt und weiter entwickelt hat, zu einem derartigen Verfahren kommen werden, so ist
das etwas ganz anderes. Von vornherein werden wir aber nicht einfach sagen: Ker sind
soundsoviele Hilfsdienstpflichtige, — her damit! — wir stecken dich in irgendeinen Beruf
hinein, gleichviel, ob du willst oder nicht!
Eine besondere Aufgabe im Rahmen des Gesetzes wird es sein, wie auch im Laufe
der Debatte schon erwähnt ist, Wehrpflichtige freizumachen für ihren eigentlichen
Beruf und an Stellen, wo Hilfsdienstpflichtige dasselbe leisten können, Wehrpflichlige
aus den Betrieben herauszunehmen und nach vorn zu schicken. Aber da muß ich sofork eine
Einschränkung machen: ohne Facharbeiter können wir die ganze Aufgabe nicht lösen.
Nun, m. H., es sind ganz gewaltige Eingriffe in die Volkswirtschaft, die
hier eintreten sollen, und mancher scheut davor zurück; denn was cs uns ermöglicht hat,
den Krieg bisher so glänzend durchzuführen, das ist unsere durch und durch gesunde Volfs-
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